- Nach einem Bericht des nigerianischen Staatsfernsehens sind die offenbar von der Terrorgruppe Boko Haram entführten Schüler wieder frei.
- Allerdings ist unklar, ob alle entführten Schüler auf freiem Fuss sind: Die Regierung sprach von 333 Entführten, Medienberichte gehen von knapp der doppelten Anzahl aus.
- In einer Audio-Botschaft hatte Boko Haram die Tat mit einer islamfeindlichen westlichen Erziehung der Kinder begründet.
Die Schüler waren aus einer Oberstufe in Kankara in der Nordregion Katsina von den Extremisten entführt worden.
«Schickt alle Truppen zurück, die gekommen sind, um zu helfen»
In einem Video, das die Runde in sozialen Medien machte, sind verängstigt schauende, staubbedeckte Jungen vor einem bewaldeten Gebiet zu sehen. Die Jungen bezeichnen sich als Schüler der überfallenen Kankara-Schule. Im Hintergrund des weitestgehend verschwommenen Videos, das von den Behörden zunächst nicht offiziell bestätigt wurde, ist ein Mann mit Sturmgewehr zu sehen.
Ein älterer Junge bittet vor laufender Kamera um eine friedliche Einigung mit den Entführern. «Schickt alle Truppen zurück, die gekommen sind, um zu helfen», fleht er mit tränenerstickter Stimme.
Lösegeld ist eine wichtige Finanzierungsquelle der Organisation
Bei früheren Entführungen waren die verschleppten Opfer ebenfalls öffentlich vorgeführt worden, um Forderungen nach Lösegeld durchzusetzen. Es ist eine wichtige Finanzierungsquelle der Organisation. Trotz der Audio-Botschaft blieben die Hintergründe der plötzlichen Freilassung zunächst unklar.
Ähnliche Überfälle hat Boko Haram schon öfter verübt. Im April 2014 entführte sie aus einer Schule in Chibok (Bundesstaat Borno) 267 Mädchen. Viele gelten bis heute noch als vermisst. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden seit 2012 hunderte Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler, sowie Studierende getötet oder verwundet. Viele verschleppte Jungen würden gezwungen, als Kindersoldaten tätig zu werden.
Zu den Taktiken von Boko Haram zählen neben Angriffen auf Schulen und der Verschleppung von Kindern auch die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten sowie die Zwangsverheiratung von Mädchen und jungen Frauen. «Boko Haram foltert Kinder mit Schlägen und Auspeitschungen und zwingt sie, öffentliche Bestrafungen und Hinrichtungen anzusehen», schrieb die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nach der Befragung Dutzender geflohener Opfer.
Internationaler Strafgerichtshof eröffnet Verfahren
Der Internationale Strafgerichtshof hatte erst vor einer Woche die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Boko Haram, aber auch gegen Nigerias Sicherheitstruppen angekündigt. Es gebe genug Hinweise, so Chefanklägerin Fatou Bensouda, dass Mitglieder von Boko Haram schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten. Dazu gehörten unter anderem Mord, Vergewaltigung, Versklavung, Folter und Geiselnahme.
Boko Haram, aber auch viele Splittergruppen, terrorisieren seit Jahren die Bevölkerung im Norden Nigerias. In einer gerade veröffentlichten Studie von Verisk Maplecroft landete Nigeria unter knapp 200 untersuchten Ländern in den zehn am meisten von Terrorismus heimgesuchten Staaten.