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Touristinnen-Mord in Marokko Schweizer Doppelbürger standen in Kontakt mit IS-Kadern

Nach dem brutalen Mord an zwei skandinavischen Touristinnen in Marokko wurden auch zwei Genfer festgenommen. Recherchen von «10vor10» zeigen nun: Die beiden hatten Verbindungen zum IS.

Es war eine Gräueltat, die weltweit für Entsetzen sorgte: Im Dezember wurden in Marokko zwei skandinavische Touristinnen brutal ermordet. Die Täter bekannten sich zur Terrororganisation Islamischer Staat.

Der Prozess gegen die Hauptverdächtigen sowie gegen über 20 angebliche Komplizen ist kurz nach der Eröffnung auf den 16. Mai verschoben worden. Unter den Verdächtigen befindet sich auch der schweizerisch-spanische Doppelbürger K.Z. aus Genf, der Ende Dezember verhaftet wurde. Ein schweizerisch-britischer Doppelbürger, N.P., der im Januar verhaftet worden war, wurde kürzlich verurteilt, zieht das Urteil aber weiter.

Verbindungen zum IS

Die Verbindung der Doppelbürger zu den Hauptverdächtigen steht im Fokus der marokkanischen Gerichtsverfahren. Aber auch die Frage, wie die zwei in Marokko niedergelassenen Genfer ins IS-Netzwerk eingebunden sind.

Bisher war es bloss eine Vermutung, doch nun belegen «10vor10»-Recherchen die Verbindungen der beiden zum IS. Der Anwalt des Genfer Verdächtigten N.P. wie auch seine Frau nannten im Gespräch mit «10vor10» zwei Namen von Kontaktpersonen innerhalb des Islamischen Staates.

Bei den IS-Kontakten handelt es sich ebenfalls um Personen aus der Schweiz. Alle vier – die zwei in Marokko verhafteten Doppelbürger sowie die zum IS gereisten Männer aus Genf – verkehrten zusammen in der Genfer Moschee Petit-Saconnex.

Nachrichten aus dem IS-Gebiet

Einer der IS-Kontakte aus Genf nennt sich Abu Ilias Al Swisri. Ein Konvertit, der innerhalb der Terrororganisation in der Hierarchie aufgestiegen war und zuletzt zur sogenannten Sicherheitsabteilung gehörte, die unter anderem für Anschlagspläne im Ausland zuständig ist. Der Schweizer ist den Sicherheitsbehörden bekannt und steht auf einer Fahndungsliste von Interpol.

Abu Ilias Al Swisri schickte gemäss den marokkanischen Gerichtsakten Nachrichten aus dem IS-Territorium an den Genfer N.P. Dessen Frau präzisiert: Es habe sich dabei um Lebenszeichen und Alltagsberichte gehandelt.

Treffen mit dem NDB

Mit dem Doppelmord an den Skandinavierinnen habe der Austausch mit den Männern vom IS nichts zu tun, meint die Frau von N.P. Sie sagt, ihr Mann habe den Kontakt nach Syrien aufrechterhalten, weil er für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gearbeitet habe.

Auf Anfrage teilt der NDB mit, N.P. sei keineswegs ein Mitarbeiter des Nachrichtendienstes. Man habe den Mann tatsächlich getroffen, allerdings im Rahmen von sogenannten präventiven Ansprachen. Bei diesen geht es darum, mit möglichen Extremisten in Kontakt zu treten und Informationen zu gewinnen.

Zweiter IS-Mann offenbar tot

Der zweite Kontaktmann beim IS ist ein Franzose tunesischer Abstammung, der sich zeitweilig in Genf niedergelassen hatte. Er nennt sich Abu Ibrahim und hat ebenfalls Karriere gemacht im IS. Und: Er war mit einer Frau verheiratet, die im Kanton Waadt wohnte und zwei Kinder aus früheren Ehen nach Syrien entführte. Inzwischen soll der Mann tot sein. Die Frau des Genfers N.P. sagt, er sei bei einem Luftschlag ums Leben gekommen.

Der zweite Schweizer Doppelbürger, K.Z., der morgen vor Gericht steht, ist direkt mit N.P. verbunden – sowohl aus der gemeinsamen Zeit in der Genfer Moschee als auch aus der Zeit, als die beiden in Marokko lebten. Auch K.Z. stand offenbar mit Abu Ilias in Kontakt, wobei sich seine Frau nicht zu erinnern vermag.

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