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Treffen an koreanischer Grenze «Der Süden ist für den Norden nur Mittel zum Zweck»

Ende April soll es zwischen dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un und dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in ein Gipfeltreffen geben. Martin Fritz, Ostasien-Mitarbeiter von SRF, hat keine hohen Erwartungen.

SRF News: Nordkorea provoziert immer wieder mit Raketentests. Nun soll es zu einem Treffen mit Südkorea kommen. Wie ist das einzuordnen?

Martin Fritz: Man sollte sich da keine Illusionen machen. Nordkoreas Führer Kim Jong-un hat gesagt, er könne seine Atomwaffen gegen eine Sicherheitsgarantie für sein Regime eintauschen. Das ist natürlich eindeutig ein Lockangebot. Denn die Feindseligkeiten zwischen Pjöngjang und Washington sind derzeit viel zu gross. Er bietet auch an, keine Atombomben und Raketen während dieser Gespräche zu testen. Er erwartet dafür, dass in dieser Zeit die wirtschaftlichen Sanktionen gegen sein Land nicht weiter durchgesetzt werden. Das heisst, er will sich Zeit und Luft verschaffen.

Was könnte sonst noch dahinterstecken?

Kim hofft vielleicht auch, dass die jährlichen Militärmanöver der USA und Südkoreas ausgesetzt werden. Die sollen ab Mitte März nach den paralympischen Winterspielen durchgeführt werden. Aber wenn dieser Gipfel Ende April stattfinden soll, würde eine solche Übung die Entspannung vergiften. Und sicher spielt auch eine Rolle, dass Kim versuchen will, wie schon sein Vater und sein Grossvater, einen Keil in die Front seiner Gegner zu treiben. Es gab dieses Abendessen mit der südkoreanischen Delegation. Daran haben auch Kims Ehefrau und seine Schwester teilgenommen. Man hat den Geist der koreanischen Verwandtschaft beschworen. Das Signal ist: Südkorea soll diese ethnische Gemeinsamkeit über die Machtinteressen der USA stellen.

Der Süden wird vom Norden immer nur benutzt, um gegenüber den USA etwas zu erreichen. In diesem Fall geht es darum, einen Keil zwischen Washington und Seoul zu treiben.

Welche Rolle spielt Südkorea?

Der Süden ist für den Norden nur Mittel zum Zweck. Der Süden wird vom Norden immer nur benutzt, um gegenüber den USA etwas zu erreichen. In diesem Fall geht es darum, einen Keil zwischen Washington und Seoul zu treiben. Sozusagen den Südkoreanern klar zu machen, dass doch das innerkoreanische, gemeinsame Interesse an einer Wiedervereinigung viel grösser sei als jenes an den Machtinteressen der USA in Südostasien.

Das Gespräch führte Simone Hulliger.

Martin Fritz

Freier Journalist

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Der Journalist Martin Fritz arbeitete als Radio-Korrespondent für die ARD in Tokio. Als freier Journalist berichtet er nun neben Japan auch über Nord- und Südkorea. Vorher war er fünf Jahre lang Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi.

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