Rund 35 Millionen Euro investierte das kleine ostafrikanische Land Ruanda in den englischen Fussballclub Arsenal London. Die Arsenalspieler tragen seit einem Jahr den Schriftzug «Visit Rwanda» auf ihrem linken Ärmel. Ruanda will so Investoren und Touristen anlocken. Das sorgte damals für Kritik, zumal in Ruanda zwei Drittel der Menschen unter der Armutsgrenze leben. Stephan Klingebiel hat die Kampagne damals positiv beurteilt, auch heute empfindet er sie als bereichernd.
SRF News: Ruanda ist noch immer gezeichnet vom Bürgerkrieg. Nun gibt man so viel Geld für eine Werbekampagne aus, anstatt es in drängendere Projekte zu investieren. Sehen Sie das nicht kritisch?
Natürlich hat Ruanda eine Menge Geld in diese Kampagne investiert. Ich empfinde die Aktion aber als sehr innovativ im Vergleich zu dem, was viele andere afrikanische Länder machen.
Korruption wird in Ruanda viel stärker bekämpft als in anderen Ländern.
Erst einmal in das eigene Image zu investieren und Zielgruppen erreichen, die vom Tourismus von afrikanischen Ländern sonst nicht angesprochen werden. Ruanda ist ein souveränes Land. Hier werden keine Mittel falsch verwendet und es gibt keine Korruption.
Was hat die ruandische Bevölkerung konkret davon?
Ruanda hat einen enormen Bedarf, im nicht-landwirtschaftlichen Bereich Arbeitsplätze zu schaffen. Für ein vergleichsweise kleines Binnenland mit einer sehr traditionellen wirtschaftlichen Struktur und einigen wenigen landwirtschaftlichen Produkten ist das nicht leicht. Ruanda hat in den letzten Jahren den Tourismus ohnehin bereits ausgebaut.
Die nationale Fluglinie wurde stark ausgebaut und in Kigali sowie im ganzen Land gibt es eine Reihe von hochpreisigen Hotels bis hin zu einem grossen Konferenzzentrum. Der Standort Kigali bzw. Ruanda wird interessanter gemacht. Konferenzbesucher werden möglicherweise Gorillas oder den Akagerapark besuchen. Ruanda hat im Moment rund 130’000 Arbeitsplätze im Tourismus, das ist ausbaufähig. Insofern finde ich das im Sinne von moderneren Investitionen einen vernünftigen Weg.
Inwiefern hilft eine solche Kampagne Ruanda, sich zu einem gesunden Staat zu entwickeln?
Die Kampagne kann die Bekanntheit des Landes vergrössern und das Renommee steigern. Ein Beispiel dafür ist Volkswagen: Seit einem Jahr produziert und fertigt das Unternehmen in Ruanda Autos. Das ist sehr ungewöhnlich und war vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar. Es hat auch mit dem Image von Ruanda zu tun, dass Dinge möglich sind, die woanders nicht möglich sind. Korruption wird viel stärker bekämpft als in anderen Ländern.
Ich sehe in der Kampagne einen Ansatz, den Tourismus und den Ruf als Investitionsstandort zu stärken.
Die Kampagne trägt auch dazu bei, dass Menschen, die Ruanda bisher nur über den Genozid wahrgenommen haben, nun über eine Reise dorthin nachdenken. Unternehmen und Organisationen könnten erwägen, die nächste Konferenz in Kigali zu organisieren, weil das mittlerweile ein sehr attraktiver Standort ist, gerade im Vergleich zu anderen ostafrikanischen Grossstädten wie Nairobi.
In Ruanda herrscht unter Paul Kagame ein repressives System. lst diese Aktion nicht Imagepolitur für ein repressives Regime?
Die Regierungsprobleme im Land muss und sollte man ansprechen, beispielsweise bei den Menschenrechten oder der Medienfreiheit. Ich sehe in der Kampagne aber tatsächlich einen Ansatz, den Tourismus und den Ruf als Investitionsstandort zu stärken.
Das Gespräch führte Marlen Oehler.