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Uneins im Kampf gegen Corona EU vertagt Problemlösung

  • Um die Wirtschaftsfolgen der Coronavirus-Krise zu bewältigen, wollen die EU-Staaten binnen zwei Wochen einen neuen Vorschlag machen für gemeinsame finanzpolitische Massnahmen.
  • Um die Einigung haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder an einem Videogipfel gerungen – nachdem Italien sein Veto gegen eine vorab ausgehandelte Kompromissformel eingereicht hatte.
  • Derweil hat das EU-Parlament grünes Licht für Investitionen in der Höhe von 37 Milliarden Euro gegeben. Dies, um nationale Gesundheitssysteme und Unternehmen gegen Corona zu wappnen.

Eigentlich wollten die 27 Staats- und Regierungschefs der EU die Gruppe der Euro-Staaten beauftragen, Details für Hilfen aus dem bestehenden Eurorettungsschirm ESM zu erarbeiten.

Das reichte Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte aber nicht. Gemeinsam mit Spanien forderte er nach Angaben aus italienischen Regierungskreisen bei einem sechsstündigen Videogipfel «innovative und angemessene Finanzinstrumente».

Italien und Spanien von Corona gebeutelt

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Italien und Spanien sind in Europa am schlimmsten von der Coronavirus-Krise betroffen. Trotz schärfster Ausgangssperren sterben täglich Hunderte von Menschen an der neuen Lungenkrankheit Covid-19. Die Wirtschaft steht praktisch still, vor allem in Italien, das schon vor der Krise kaum noch Wachstum und riesige Schuldenberge hatte.

Binnen zehn Tagen sollten die fünf Präsidenten der EU-Institutionen einen Vorschlag machen. Daraus wurde schliesslich der Kompromiss, dass die Eurogruppe binnen zwei Wochen Vorschläge machen soll.

Auch gemeinsame Erklärung der G20

In ihrer Gipfelerklärung versicherten die 27 Staaten, die Probleme für den Warenverkehr an den teils geschlossenen Grenzen zu beheben. Gemeinsam soll die Beschaffung von Schutzausrüstung vorangetrieben und die Forschung an Impfstoffen gegen Covid-19 gefördert werden.

Vor der EU hatten schon die G20 ein gemeinsames Vorgehen in der Corona-Krise beschlossen. Man werde mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen internationalen Organisationen «alle erforderlichen Schritte unternehmen, um diese Pandemie zu überwinden».

«Wann, wenn nicht jetzt?»

Die Vertagung durch die EU-Länder stiess beim EU-Parlament auf harsche Kritik. Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange etwa sprach von einer «gefährlichen Taktik»: «In der grössten Krise greifen die Mitgliedstaaten beim EU-Gipfel auf das übliche Instrumentarium zurück: Problem vertagen und Zeit gewinnen.»

Die Bürger erwarteten entschlossenes Handeln, kritisierte auch der Chef der europäischen Liberalen, Dacian Ciolos: «Wann, wenn nicht jetzt?», fragte er. Nur mutige Entscheidungen machten die EU stark und glaubwürdig.

Auch der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Rasmus Andresen, rügte die Vertagung. Damit gehe wichtige Zeit verloren. «Es ist enttäuschend, mit welcher Arroganz die deutsche Bundesregierung gemeinsam mit anderen reicheren EU Staaten die EU in eine Krise stürzt und sinnvolle ökonomische Massnahmen blockiert.»

Finanzspritze für Spitäler und Unternehmen

Während die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder noch um konkrete Beschlüsse ringen, hat das EU-Parlament grünes Licht für eine Finanzspritze von 37 Milliarden Euro gegeben. Eine breite Mehrheit der Abgeordneten sprach sich für einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission aus. Er soll helfen, die Corona-Krise zu bewältigen.

Das Geld soll primär in die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten fliessen und an kleinere sowie mittlere Unternehmen.

HeuteMorgen, 27.03.2020, 06.05 Uhr ; 

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