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Urteil im Halle-Prozess Attentat von Halle: Täter zu Höchststrafe verurteilt

  • Ein Gericht in Magdeburg hat den Täter zu lebenslanger Haft mit anschliessender Sicherungsverwahrung verurteilt.
  • Nachdem der Täter 2019 erfolglos versucht hatte, aufs Gelände der Synagoge in Halle zu gelangen, ermordete er zwei Menschen und verletzte weitere zum Teil schwer.

Die Richter sprachen den 28-Jährigen heute Montag in Magdeburg des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in 51 Fällen schuldig und stellten ausserdem eine besondere Schwere der Schuld fest.

Sie verurteilten den Täter zu lebenslanger Haft mit anschliessender Sicherungsverwahrung. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ist somit so gut wie ausgeschlossen. Gegen das Urteil kann Revision beim deutschen Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Es sei ein «feiger Anschlag» gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens bei der Urteilsverkündung am Montag. Der Angeklagte habe an vielen Stellen seine Taten und Motive relativiert.

Anhänger von Verschwörungstheorien

Der heute 28-jährige Täter hatte am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versucht, sich schwer bewaffnet Zugang zur Synagoge in Halle zu schaffen. Er warf Brand- und Sprengsätze, schaffte es aber nicht, die Tür aufzuzwingen. Vor der Synagoge ermordete er dann eine Passantin und in einem nahe gelegenen Dönerimbiss einen jungen Mann. Auf seiner Flucht verletzte er mehrere Menschen zum Teil schwer.

Während des Prozesses gestand der Täter seine Taten und begründete sie mit Verschwörungstheorien. Er stellte seine rassistische, antisemitische und antifeministische Gesinnung offen zur Schau. Er gab sich überheblich und versuchte mehrmals, Betroffene im Zeugenstand zu irritieren. Reue zeigte er nicht.

Trotz Persönlichkeitsstörung voll schuldfähig

Der psychiatrische Experte Norbert Leygraf attestierte dem Täter volle Schuldfähigkeit, aber auch eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit Zügen von Schizophrenie, Paranoia und Autismus. Der Experte zeichnet ein Bild eines Menschen, der im Leben scheiterte: Er hatte keine Freunde, nie eine Liebesbeziehung gehabt und keine Arbeit.

Vorbildliches Verfahren

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, das Verfahren sollte Vorbild für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein.

«Nicht selten erleben wir in der Justiz eine Sehschwäche auf dem rechten Auge», sagte Schuster. «Im Prozess gegen den Halle-Attentäter wurde hingegen genau hingesehen. Diese Haltung, nicht der Täter, sollte Nachahmer finden.»

Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland.
Autor: Josef Schuster Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Das Urteil sei wichtig für die Angehörigen der beiden Ermordeten und alle Menschen, die an Jom Kippur 2019 nur knapp dem Tod entronnen seien, sagt Schuster. Viele von ihnen hatten während des Prozesses als Zeugen und Zeuginnen ausgesagt, oder traten als Nebenklägerinnen und Nebenkläger auf. Mit ihren Auftritten hätten sie dem Hass des Täters Menschlichkeit entgegengesetzt.

Weiter erklärte Schuster: «Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland. Denn das Urteil macht deutlich, dass mörderischer Hass auf Juden auf keinerlei Toleranz trifft.»

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Rendez-Vous, 21.12.2020, 12:30 Uhr ; 

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