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International US-Drohnenkrieg in Somalia: Ein zweifelhaftes Vorgehen

Das Pentagon vermeldet einen verheerenden Luftschlag gegen die Al-Shabaab-Miliz. Damit soll eine Terrorattacke auf US-Soldaten verhindert worden sein. Dabei sind die USA offiziell gar nicht militärisch im Land involviert, berichtet Afrika-Korrespondent Patrik Wülser.

Die Al Kaida nahestehende Al-Shabaab-Miliz hat vermutlich eine gross angelegte Terrorattacke auf US-Soldaten in Somalia geplant. Die USA waren schneller und griffen die Extremisten in ihrem Camp an. Nach US-Berichten starben 150 Islamisten. An dem Angriff seien bemannte Flugzeuge und Drohnen beteiligt gewesen, bestätigte das Pentagon.

Die «New York Times» zitierte Pentagon-Mitarbeiter, wonach der Angriff während einer Art Abschlusszeremonie erfolgte. Flugzeuge und Drohnen hätten Präzisionsbomben und Raketen abgefeuert. «Die Kämpfer standen in Formation auf freiem Feld», wurde der Mitarbeiter zitiert.

Patrik Wülser

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Patrik Wülser ist Leiter der Auslandredaktion von Radio SRF. Von 2011 bis 2017 war er Afrikakorrespondent für SRF und lebte mit seiner Familie in Nairobi (Kenia).

Präventiv- oder Vergeltungsschlag?

Die Terrormiliz selbst bestreitet die verheerenden Auswirkungen des US-Luftschlags, sagt SRF-Afrika-Korrespondent Patrick Wülser: «Sie bestätigte den Angriff auf das Lager, verneinte aber klar die Zahl der Opfer: Nur wenige Milizionäre seien ums Leben gekommen.»

Keine Angaben gab es bislang zu möglichen Hintergründen der Anschlagspläne. Nach einer Serie von Terrorattacken in den letzten Wochen hält Wülser die Erklärungen der Amerikaner zwar für nachvollziehbar. «Es gibt aber auch Stimmen, die von einem Vergeltungsschlag sprechen.»

Vor wenigen Wochen seien bei einem Anschlag der Islamisten-Miliz 200 kenianische Soldaten ums Leben gekommen. «Die USA haben Kenia damals ihre Unterstützung zugesichert. Hier spricht man deswegen von einem Vergeltungsschlag», berichtet Wülser aus Kenias Hauptstadt Nairobi.

Kritik am eigenmächtigen Handeln der USA

Unabhängig vom tatsächlichen Hintergrund der Drohnenattacke und der Zahl der Todesopfer: In den Ländern der Region sind die Reaktionen auf den US-Angriff gemischt, so Wülser: «Gerade die muslimischen Bewohner finden es einmal mehr unerträglich, dass die USA ohne Rechtsgrundlage und ferngesteuert aus der Luft Menschen exekutiert.»

Audio
Die Interessen der USA in Somalia
aus Echo der Zeit vom 08.03.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 8 Sekunden.

Wenn damit ein Anschlag in Somalia oder auch im benachbarten Kenia verhindert worden sei, lasse sich der vermeintliche Präventivschlag des US-Militärs sicher rechtfertigen, so Wülser. «Viele Menschen aber fragen sich: Wird man auch den nächsten Anschlag so verhindern können?»

Al-Shabaab könnte Rache an Zivilisten üben

Al-Shabaab

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Die Al-Kaida nahestehende Miliz wurde 2011 aus der Hauptstadt Mogadischu vertrieben. Trotzdem sind sie ein schlagkräftiger Feind der vom Westen gestützten Regierung geblieben. Shabaab macht regelmässig mit Terroranschlägen Schlagzeilen, auch im Nachbarland Kenia. 22'000 Soldaten der Afrikanischen Union unterstützen den Kampf gegen die Miliz.

Für Pentagon-Sprecher Jeff Davis ist klar: «Der Angriff hat Al-Shabaabs Fähigkeit zu Angriffen auf seine Nachbarn und den Westen entscheidend geschwächt.» Experten bezweifeln jedoch, dass die Terrormiliz rein militärisch besiegt werden kann, so Wülser: «Sie sind sich einig, dass es für das Problem Al-Shabaab nur eine politische Lösung geben kann.»

Und die Gewalt dürfte mit Gegengewalt auf sogenannt weiche Ziele beantwortet werden: «Es ist absehbar, dass sich die Miliz für diesen Angriff rächen wird. In Mogadischu selber oder mit einem Anschlag auf eine westliche Einrichtung im Nachbarland Kenia».

US-Militär ohne Mandat in Somalia

Fragen wirft auch die Tatsache auf, dass das US-Militär überhaupt in dem ostafrikanischen Land präsent ist. Für dessen Stabilisierung und die Bekämpfung der Terrormiliz sind eigentlich Soldaten der Afrikanischen Union zuständig. Finanziert wird die Truppe grösstenteils durch Gelder der Europäischen Union. Die USA sind offiziell gar nicht involviert.

Wenn man in Somalia unterwegs sei, begegne man den Amerikanern aber immer wieder, schildert Wülser: «In Hotels in der Mogadischu trifft man auf Söldner privater Sicherheitsfirmen. In einem Camp ausserhalb der Hauptstadt stand ich plötzlich neben zwei US-Marines. Als ich kürzlich in einem anderen Camp war, flog nachts unerwartet eine Transportmaschine ohne Immatrikulation ein. Aus der Maschine stiegen Amerikaner mit länglichen Koffern.»

Das Weisse Haus teilte derweil gestern Montag mit, es werde in Kürze Zahlen zu getöteten Kämpfern und Zivilisten bekanntgeben, die in der Amtszeit von Präsident Barack Obama bei Drohnenangriffen ums Leben kamen.

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