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US-Politik unterm Brennglas Obama veröffentlicht seine Memoiren

  • Die Leserschaft erfährt, wie Obama den Einzug ins Weisse Haus erlebt hat.
  • Er schreibt selbstkritisch und hinterfragt, ob seine Kandidatur die richtige Entscheidung gewesen war oder ob es vielmehr um sein eigenes Ego ging.
  • In einem Interview kritisiert Obama Republikaner dafür, bei den Wahlbetrugsbehauptungen Trumps «mitzuziehen».

«Es war, als ob allein meine Anwesenheit im Weissen Haus eine tief sitzende Panik losgelöst hätte, eine Vorstellung, dass die natürliche Ordnung gestört worden sei» – so sieht Obama im Rückblick seine Wahl zum ersten schwarzen Präsidenten der USA.

Millionen von Amerikanern, die über einen Schwarzen im Weissen Haus erschrocken waren, versprach Trump ein Heilmittel für ihre rassistischen Ängste.
Autor: Barack Obama 44. Präsident der USA und Autor

Deshalb habe Trump – so fasst es der Fernsehsender CNN zusammen – mit Unterstellungen begonnen, dass Obama nicht in den Vereinigten Staaten geboren und daher kein legitimer Präsident gewesen sei. «Millionen von Amerikanern, die über einen Schwarzen im Weissen Haus erschrocken waren, versprach er ein Heilmittel für ihre rassistischen Ängste.»

Obama kritisiert Republikaner

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Der frühere US-Präsident Barack Obama hat Republikanern, die trotz seiner Wahlniederlage weiter zu Amtsinhaber Donald Trump halten, schwere Vorwürfe gemacht. Mehr als Trumps haltlose Wahlbetrugsbehauptungen beunruhige ihn die Tatsache, dass andere Republikaner dabei wider besseres Wissen mitzögen, sagte Obama in vorab veröffentlichten Auszügen eines Interviews, das der Sender CBS News am Sonntag in voller Länge ausstrahlen will. «Es ist ein weiterer Schritt, nicht nur der neuen Biden-Regierung, sondern auch der Demokratie insgesamt ihre Legitimation abzusprechen. Und das ist ein gefährlicher Pfad.»

In einer Besprechung mit «New York Times» sagt die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, Obama ginge es in seinen Memoiren weniger um Persönliches und vielmehr um die Politik. Seine Erinnerung an die frühen Jahre in Honolulu und Chicago hat Obama bereits im Buch «Dreams from My Father: A Story of Race and Inheritance» (1995) festgehalten, 2008 auf Deutsch unter dem Titel «Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie» erschienen. Nun erfährt die Leserschaft, wie er den Einzug ins Weisse Haus erlebte.

Mit Palin schien es, als würden die dunklen Geister, die schon lange am Rand der modernen Republikanischen Partei lauerten, ihren Weg auf die Hauptbühne finden.
Autor: Barack Obama 44. Präsident der USA und Autor

Mit dem Wahljahr 2008 erhielt die Polarisierung der amerikanischen Politik im Rückblick des demokratischen Politikers – so beschreibt es CNN – einen entscheidenden Schub. Festmachen lässt sich dies aus Sicht Obamas an der Berufung von Sarah Palin als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin durch den dann unterlegenen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain: «Mit Palin schien es, als würden die dunklen Geister, die schon lange am Rand der modernen Republikanischen Partei lauerten – Fremdenfeindlichkeit, Anti-Intellektualismus, paranoide Verschwörungstheorien, eine Antipathie gegenüber Schwarzen und Braunen – ihren Weg auf die Hauptbühne finden.»

Barack Obama in hinten, vor schwarzem Hintergrund, beleuchtet
Legende: Barack Obama soll ein nachdenklicher Präsident gewesen sein. Keystone

Für den Dienst des Landes oder für das eigene Ego?

Obama sei immer ein nachdenklicher Politiker gewesen, schreibt Adichie, Autorin des Bestsellers «Americanah». In seinem neuen Buch aber stelle er sich auch immer wieder selbst infrage. Dies reiche bis hin zur Überlegung, ob seine Entscheidung zur Präsidentschaftskandidatur wirklich eine Entscheidung gewesen sei, sich in den Dienst des Landes zu stellen – oder ob es nicht mehr um das eigene Ego gegangen sei.

Offen spreche Obama über seine Begegnungen mit ausländischen Politikern, bemerkt Adichie. Hier biete das Buch eine Fülle von kleinen biografischen, oft humorvollen Skizzen. Über seinen Vizepräsidenten und gewählten Nachnachfolger schreibt Obama, Joe Biden sei anständig, ehrlich und loyal. Aber er könne auch «pieksig» werden, wenn er nicht das bekomme, was ihm zustehe.

SRF News, 13.11.20, 5:30 Uhr ; 

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