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US-Präsident teilt aus «Keiner weiss, wer zur Hölle er oder sie ist»

Trump ist wütend: Schuld ist ein anonymer Gastbeitrag eines angeblich hohen Regierungsmitarbeiters in der «New York Times».

US-Präsident Donald Trump hat mit neuen wütenden Äusserungen auf den anonymen Gastbeitrag eines offenbar ranghohen Regierungsmitarbeiters in der «New York Times» reagiert. «Keiner weiss, wer zur Hölle er oder sie ist.»

«Das wäre ein guter Exklusivbericht!»

Dies sagte Trump am Donnerstagabend bei einem Auftritt vor Anhängern in Billings im Bundesstaat Montana. «Anonyme Staatsbedienstete, die sich den Wählern widersetzen, um ihr eigenes geheimes Programm zu befördern, sind in Wahrheit eine Gefahr für die Demokratie selbst», sagte Trump.

Im Namen der nationalen Sicherheit solle die Zeitung den Namen des Beamten nennen, bekräftigte Trump. Anschliessend forderte er die Journalisten auf, in der Sache zu recherchieren: «Das wäre ein guter Exklusivbericht!»

Ähnlich hatte sich der Präsident bereits vor dem Auftritt in Montana auf Twitter geäussert: «Werden die Investigativ-Journalisten der ‹New York Times› selbst recherchieren, wer der anonyme Briefschreiber ist?», twitterte Trump.

Trump hatte bereits am Mittwoch (Ortszeit) hochverärgert auf den Gastbeitrag reagiert, von einem «feigen» Text gesprochen und gefordert, die «New York Times» müsse den anonymen Autor aus Gründen der nationalen Sicherheit «sofort der Regierung aushändigen» – falls er denn tatsächlich existiere.

Auf Twitter schrieb Trump in Grossbuchstaben: «VERRAT?»

«Sie schützen dieses Land nicht»

Auch First Lady Melania Trump verurteilte den Entscheid der «New York Times», den Artikel zu veröffentlichen und warf dem anonymen Autor vor, das Land zu sabotieren. «An den Autor des Leitartikels: Sie schützen dieses Land nicht, Sie sabotieren es mit Ihrem eigenen feigen Verhalten», erklärte Melania Trump.

In dem am Mittwoch veröffentlichten «New York Times»-Artikel wird das Bild einer Regierung gezeichnet, in der hochrangige Vertreter den Präsidenten als Gefahr für die USA betrachten. Trumps Politik werde durch die eigenen Mitarbeiter torpediert, schreibt der anonyme Autor, der nach eigenen Angaben ein «hochrangiges Regierungsmitglied» ist.

Passagen aus dem «New-York-Times»-Beitrag

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Der am Mittwoch veröffentlichte Artikel in der «New York Times» zeichnet das Bild einer Regierung, in der hochrangige Vertreter den Präsidenten als Gefahr für die USA betrachten.

Einige Passagen daraus im Wortlaut:

  • «Ich bin Teil des Widerstandes innerhalb der Trump-Regierung». (Überschrift)
  • «Um es klar zu sagen, unsere Sache ist nicht der populäre 'Widerstand' der Linken. Wir wollen, dass die Regierung erfolgreich ist und denken, dass viele ihrer politischen Entscheidungen Amerika bereits sicherer und wohlhabender gemacht hat.»
  • «Aber wir glauben, dass wir zu allererst dem Land dienen müssen und der Präsident handelt weiterhin in einer Weise, die dem Wohlergehen unserer Republik abträglich ist. Deshalb haben viele derjenigen, die Trump ernannt hat, gelobt, zu tun, was wir können, um unsere demokratischen Institutionen zu schützen, indem wir den eher fehlgeleiteten Impulsen von Herrn Trump entgegenwirken, bis er nicht mehr im Amt ist.»
  • «Die Wurzel des Problems ist die Amoralität des Präsidenten. Jeder, der mit ihm arbeitet, weiss, dass er keinen erkennbaren Grundprinzipien folgt, die seine Entscheidungsfindung leiten. Obwohl er als Republikaner gewählt wurde, zeigt der Präsident nur wenig Neigung für die lange von Konservativen unterstützten Ideale: freie Meinungsäußerung, freie Märkte, freie Menschen (...).»

In Washington setzten nach der Veröffentlichung hitzige Spekulationen über die Identität des Autors ein. Nahezu alle ranghohen Regierungsbeamten sahen sich veranlasst, eine Verantwortung für den Beitrag zurückzuweisen, darunter Vizepräsident Mike Pence, Aussenminister Mike Pompeo, Verteidigungsminister James Mattis, der Nationale Geheimdienstdirektor Dan Coats und die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley.

Gefährliche Kritik für Trump?

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Wie wird man in den USA einen Präsidenten los? Neben dem bekannten Amtsenthebungsverfahren «Impeachment», bei dem eine Zweidrittelmehrheit im Senat ausreicht, um einen Präsidenten zu kippen, gibt es noch eine weitere Option.

Diese ist im 25. Verfassungszusatz versteckt. Im 4. Abschnitt heisst es, dass ein Präsident entmachtet werden kann, falls er amtsunfähig ist. Dafür müssten der Vize-Präsident und eine Mehrheit im Kabinett, Trump für sein Amt als unfähig erklären. Anschliessend müssten der Senat sowie das Repräsentantenhaus je mit einer Zweidrittelmehrheit gegen Trump stimmen. Der Vize-Präsident würde dann die Amtsspitze ad interim übernehmen.

Überprüfbare Fakten

Neben dem Sturm der Entrüstung gab es auch Kritik an der «New York Times». So schreibt die «Neue Zürcher Zeitung»: «Es ist ja gerade die wichtigste Charakteristikk des seriösen Journalismus, dass seine Aussagen überprüfbar sind. Darstellungen mit anonymen Quellen können uns zwar eine Idee davon geben, was sich hinter verschlossenen Türen abgespielt haben könnte. Aber zur glaubhaften Wahrheitsfindung braucht es auf Fakten basierte, überprüfbare Recherchen.»

Auch die spanische Zeitung «El Mundo» spart nicht mit Kritik: «Die einflussreichste Zeitung Amerikas experimentiert hier mit einer gefährlichen Verschiebung von informativer Arbeit hin zu reinem Aktivismus; diese Kompetenzüberschreitung gibt leider denen Munition, die wie Trump eine Verleumdungskampagne gegen die Presse organisieren und sie beschuldigen, ‹der Feind des Volkes› zu sein, wenn sie der grösste Verbündete gegen Despotismus sein sollte.»

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