«Das ist unheimlich!», sagt ein Kommentator heute auf dem Business-Kanal CNBC. Es geht um Trumps Strafzoll-Drohung gegen Mexiko und den amerikanischen Kleinkamera-Hersteller GoPro. Das Unternehmen hat Mitte Mai bekannt gegeben, Teile seiner Produktion von China nach Mexiko zu verlegen. Es war eine Flucht vor den Folgen des Zollstreits mit China.
Nun gerät GoPro völlig unerwartet mitten in eine neue Front. Die Ungewissheit, vor der das Unternehmen in China fliehen wollte, sucht nun auch Mexiko heim. Dabei hatte alles so gut ausgesehen. Die USA, Kanada und Mexiko hatten sich auf ein neues Handelsabkommen geeinigt. Wenigstens an dieser einen Front, so schien es, hatte Trumps angriffige Handelspolitik zum Ziel geführt.
Jetzt ist diese Einigung in Frage gestellt, denn das neue Handelsabkommen muss zuerst noch von den Parlamenten bestätigt werden. Wie stark dieser Prozess durch die neue Eskalation behindert wird, ist noch offen. Aber die Ungewissheit steigt wieder.
Keine Einigung mit China
Noch wähnt sich Trump in einer starken Position. Die US-Wirtschaft floriert, die Arbeitslosenzahlen sind tief, das Durchschnittseinkommen steigt. Die Auswirkungen der Zollstreitigkeiten auf die Realwirtschaft scheinen überschaubar.
Und doch haben Strafzölle als vermeintliche Allzweckwaffe an Drohkraft verloren. Das liegt am Streit mit China. Man sei kurz vor einer Einigung, hiess es Anfang des Jahres. Doch davon ist heute kaum mehr die Rede. Die Stimmung ist gereizt. Amerika schiesst gegen den chinesischen Telekom-Giganten Huawei. China droht seinerseits damit, den Export von Seltenen Erden in die USA zu begrenzen, was die USA hart treffen würde.
Das wirft die Frage auf: Wie bringt «Zauberlehrling» Trump die Strafzölle, seine vermeintliche Wunderwaffe, unter Kontrolle, wenn es keine Einigung gibt? Was passiert, wenn die Gegenseite sich nicht in die Knie zwingen lässt?
Kunden müssen wohl zahlen
Der innenpolitische Druck auf Trump könnte steigen. Die Volkswirtschaften der USA und Mexiko sind eng mit einander verknüpft. Teurere Importe können auch die Kosten für viele US-Unternehmen in die Höhe treiben. Amerikanische Autobauer hängen beispielsweise sehr stark von Autoteilen aus Mexiko ab.
Und die grosse Frage wird sein, welchen Anteil die US-Konsumenten tragen müssen. Von Avocados bis zu Bier – so manch populärer Import aus Mexiko könnte bald teurer werden. Von einer «Party-Steuer», schreibt heute das News-Magazin Time. Trump weiss, dass er das Portemonnaie der Konsumenten (sprich: Wähler) nicht beliebig strapazieren kann. Das schwächt seine Verhandlungsposition.
Vermischung mit Grenzstreit
Für einmal ist auch die Front in Trumps eigenem Lager nicht geeint. Dass Trump die Strafzölle für ein politisches Ziel einsetzt, das mit dem Handel nichts zu tun hat, stösst auch einigen seiner Parteikollegen sauer auf. Von einem «Missbrauch der präsidialen Zollautorität» spricht beispielsweise der einflussreiche republikanische Senator Chuck Grassley, eigentlich ein verlässlicher Partner Trumps.
Vielleicht erhält der US-Präsident aber auch einfach Hilfe von oben. Der Sommer naht. Oft gehen in dieser Zeit die Zahlen bei der illegalen Einwanderung zurück, weil der Weg über die Landgrenze wegen der Hitze zu gefährlich wird. Sinkende Zahlen könnten Trump einen Vorwand liefern, die Tarife bald wieder zu senken. Doch der nächste Winter kommt immer, und Trumps Mauer ist bis dahin nicht gebaut.