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USA-Iran-Krise Irakisches Parlament will Abzug aller ausländischen Truppen

  • In einer Sondersitzung hat das irakische Parlament einer unverbindlichen Resolution zugestimmt.
  • Der Schritt ist eine Reaktion auf den tödlichen US-Luftangriff auf den iranischen General Soleimani auf irakischem Boden.
  • Derweil kritisieren US-Demokraten das Vorgehen des US-Präsidenten beim Befehl zur Tötung Soleimanis.

Für einen Abzug aller ausländischen Truppen hatte sich zuvor auch der irakische Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi ausgesprochen. Er erklärte, der Truppenabzug sei die beste Option für das Land. Die ausländischen Soldaten sind Teil des von der USA geführten Bündnisses gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP nahmen zahlreiche kurdische und sunnitische Abgeordnete nicht an der Sitzung teil.

Zeitweise mehr als 160’000 US-Soldaten

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Die USA waren 2003 in den Irak einmarschiert. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein. Zeitweise waren dort mehr als 160’000 US-Soldaten stationiert. Nach ihrem Abzug im Jahr 2011 blieb ein kleines Truppenkontingent zurück, das mit dem US-geführten Kampf gegen den IS aber wieder erhöht wurde.

Der Beschluss des Parlaments verpflichtet die Regierung des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mahdi, das Gesuch um militärische Hilfe im Kampf gegen den IS zurückzuziehen. Das Parlament forderte auch, dass ausländische Truppen den irakischen Luftraum künftig nicht mehr nutzen dürften.

Mahdi drängte das Parlament in einer Rede vor der Abstimmung dazu, auf einen kompletten Abzug der US-Soldaten hinzuwirken. «Wir haben zwei Möglichkeiten: die ausländische Präsenz umgehend zu beenden oder einen Zeitplan für dieses Ende festzulegen», sagte Mahdi.

Pompeo weist Zweifel zurück

US-Aussenminister Mike Pompeo derweil hat Zweifel am Zeitplan und der Begründung für den Luftangriff auf Soleimani in Bagdad zurückgewiesen. Die Erkenntnisse der Geheimdienste hätten eindeutig auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff von Soleimani hingewiesen, sagte er am Sonntag im Gespräch mit dem Fernsehsender ABC. Es habe bei der Entscheidung für den Luftschlag unter den Entscheidern «keine Skepsis» gegeben.

Pompeo droht mit weiteren Militäreinsätzen

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US-Aussenminister Mike Pompeo hat der iranischen Führung mit weiteren Militäreinsätzen gegen ihre Entscheidungsträger gedroht. Frühere Regierungen hätten auf Provokationen schiitischer Milizen vor Ort reagiert, Präsident Donald Trump verfolge aber gegenüber dem Iran einen anderen Kurs, sagte Pompeo am Sonntag im Gespräch mit dem Sender ABC. Der Iran könne seine Stellvertreter nicht einsetzen und sich dabei selbst in Sicherheit wägen.

«Wir werden gegen die wirklichen Entscheider vorgehen, jene Leute, die für die von der Islamischen Republik Iran ausgehende Bedrohung verantwortlich sind», sagte Pompeo. Die Regierung werde auf jede weitere Eskalation seitens des Irans entschlossen reagieren. In der Nacht zum Freitag war im Irak der iranische Top-General Ghassem Soleimani auf Anordnung Trumps bei einem Luftangriff getötet worden.

Führende Demokraten stellten die Darstellung der Regierung jedoch in Frage. Die «New York Times» berichtete zudem unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen, dass die Erkenntnisse der Geheimdienste «dünn» gewesen seien. Präsident Trump habe mit der Entscheidung, den Angriff auf Soleimani anzuordnen, seine eigenen Berater und das Militär überrascht.

Warren und Pelosi werfen Fragen auf

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren, die sich um die Präsidentschaftskandidatur bewirbt, sagte im Gespräch mit NBC, Amerika sei nach der Tötung Soleimanis nicht sicherer, sondern stehe «an der Schwelle eines Kriegs». Sie kritisierte, dass die Regierung ihre Begründung für den Luftangriff immer wieder in Teilen verändere. Das werfe die Frage auf, ob es in Wirklichkeit nicht darum gegangen sei, damit Trumps persönliche politische Ziele zu erfüllen. Es sei verdächtig, dass die Entscheidung so kurz vor Beginn des Amtsenthebungsverfahrens (Impeachment) gegen ihn im Senat gefallen sei. «Ich glaube, die Menschen fragen sich: wieso jetzt?» sagte Warren.

Nato-Sitzung

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Angesichts der wachsenden Spannung setzte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für Montag kurzfristig eine «dringende» Sitzung des Nordatlantikrats an. Das bestätigte ein Sprecher des Militärbündnisses am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Auch die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, meldete Zweifel an. Die offizielle Begründung des Luftangriffs für den Kongress werfe «ernsthafte und drängende Fragen über das Timing, die Ausführung und die Begründung der Entscheidung der Regierung auf», erklärte Pelosi.

Erneuter Raketenbeschuss in Bagdad

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Drei Raketen vom Typ Katjuscha sind laut Angaben des irakischen Militärs in Bagdad eingeschlagen. Zwei davon hätten die schwer gesicherte Grüne Zone getroffen, änderte das Militär frühere Angaben. Zuvor war von sechs Raketen die Rede. Sechs Menschen seien verletzt worden.

Bereits am Samstag waren auf einem Irakischen Stützpunkt, wo auch US-Soldaten untergebracht sind und im Stadtzentrum von Bagdad mehrere Raketen eingeschlagen.

Zudem habe die Regierung die «hochgradig ungewöhnliche» Entscheidung getroffen, die gesetzlich vorgeschriebene Mitteilung ans Parlament komplett als geheim einzustufen, erklärte die Demokratin. Die Führung von Präsident Donald Trump wolle die Öffentlichkeit offenbar über die Hintergründe des Militäreinsatzes gegen den Iran im Dunkeln lassen, so Pelosi.

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