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USA machen Druck auf Nato Biden und die Nato: freundlich im Ton, hart in der Sache

Der Druck auf Nato-Mitgliedstaaten, die vergleichsweise wenig in die Verteidigung investieren, bleibt hoch. Das zeigte sich auf dem Verteidigungsministertreffen der Allianz. Auch die US-Regierung von Biden fordert entschieden mehr Engagement der Europäer. Bloss tut sie das freundlicher als Trump.

Die Erleichterung ist Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg anzuhören und am Gesicht abzulesen. Auf dem ersten Nato-Ministertreffen seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden sprach er von einem neuen Kapitel im Verhältnis zwischen Europa und Nordamerika.

Ziel: Zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts

Der neue US-Verteidigungsminister und Hausherr im Pentagon, Lloyd Austin, betont, Biden sei sehr bestrebt, die US-Allianzen und Partnerschaften wieder zu stärken. Dies, nachdem Trump sie mit seiner mangelnden Verbindlichkeit politisch erheblich geschwächt hat.

Doch der Druck der USA bleibt auch unter Biden unverändert hoch auf jene Nato-Partnerländer, die das Allianz-Ziel verfehlen, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Streitkräfte auszugeben. Bis 2024 sollte es erreicht sein. So haben es die Mitgliedstaaten auf ihrem Gipfeltreffen in Wales vor sechs Jahren selber gelobt.

Keine Drohung seitens der USA

Doch Deutschland, Italien und etliche andere sind noch weit davon entfernt. Zwar wurden mittlerweile – nach Jahren der Abrüstung – die Wehretats Nato-weit wieder um satte 190 Milliarden Dollar aufgestockt. Doch die USA und Stoltenberg mahnen: Es brauche noch mehr angesichts der höchst angespannten Weltlage.

Neu ist immerhin – und als politisches Signal des Zusammenhalts entscheidend, dass die Biden-Regierung ihre Forderung, im Gegensatz zu Trump, nicht mit der Drohung verknüpft, andernfalls könnten die USA dem Militärbündnis gleich den Rücken kehren.

Gerechtere Aufteilung nicht nur finanziell

Mehr Fairness und Lastenteilung strebt die Nato auch anderswo an: Wenn bisher Nato-Länder Soldaten und Waffen für Militäreinsätze anboten, dann mussten sie das Gros der Kosten selber tragen – so etwa im Baltikum, im Mittelmeer oder im Schwarzen Meer.

Künftig sollen solche Einsätze mehrheitlich aus dem Nato-Budget finanziert werden. Das heisst: Wer Truppen stellt, bleibt nicht auch noch auf den Kosten sitzen. Und wer keine stellt, wird zumindest zur Kasse gebeten.

Kurz: Nachdem die USA als mit Abstand wichtigstes Mitglied wieder berechenbarer werden, gelangt die Nato wieder in etwas ruhigeres Fahrwasser und kann so verstärkt nach vorne blicken.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

HeuteMorgen, 18.02.2021, 06:00 Uhr

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