- Die Proteste gegen die Inhaftierung eines Rappers wegen Beleidigung des Königshauses hören in Spanien nicht auf.
- Tausende zumeist junge Menschen gingen am Samstag die fünfte Nacht in Folge in verschiedenen Städten des Landes auf die Strasse, um die Freilassung des Musikers und mehr Meinungsfreiheit zu fordern.
- Im Zentrum der katalanischen Metropole Barcelona versammelten sich nach Schätzung der Polizei mindestens 6000 Demonstranten zur bisher grössten Kundgebung.
Nebst friedlichen Protesten kam es auch zu Ausschreitungen. Dabei schoben Teilnehmer erneut Müllcontainer und andere Gegenstände zu Barrikaden zusammen und setzten sie in Brand. Auf der Prachtavenue Passeig de Gràcia in Barcelona wurden Schaufenster eingeschlagen, Geschäfte geplündert und Polizisten mit Steinen, Flaschen, Böllern und Eiern beworfen.
Vor allem in katalanischen Städten
Die Beamten gingen mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Laut der Zeitung «El Periódico» wurden wieder Gummigeschosse abgefeuert. Durch eine solche Kugel hatte eine junge Demonstrantin am Dienstag in Barcelona ein Auge verloren.
Protestkundgebungen gab es am Samstagabend unter anderem auch in der spanischen Hauptstadt Madrid, in Palma de Mallorca, in Pamplona sowie vor allem in vielen katalanischen Städten, darunter Tarragona und Lleida, der Heimatstadt von Hásel. Allein in Katalonien wurden nach Angaben der Regionalbehörden mindestens elf Menschen festgenommen.
Der wegen Monarchie-Beleidigung und Verherrlichung von Gewalt zu neun Monaten Haft verurteilte Rapper war am Dienstag festgenommen worden, nachdem er sich geweigert hatte, die Strafe freiwillig anzutreten. Der 32-Jährige hatte sich in der Universität von Lleida verbarrikadiert.
Gewaltfantasien gegen Politiker
Hasél hatte den Alt-König Juan Carlos, der sich nach Korruptionsvorwürfen und angesichts von Justizermittlungen nach Abu Dhabi abgesetzt hat, unter anderem einen «Dieb» genannt und Gewaltfantasien gegen konservative Politiker in seine Texte eingebaut. Er selbst sieht das durch die Künstlerfreiheit gedeckt.
In der Debatte über die umstrittene Verurteilung des Mannes, der bürgerlich Pablo Rivadulla Duró heisst, hatte Ministerpräsident Pedro Sánchez am Freitag zwar die Gewalt als «inakzeptabel» verurteilt, gleichzeitig aber Defizite im Rechtssystem eingeräumt. Die spanische Demokratie habe die «anstehende Aufgabe, die freie Meinungsäusserung zu erweitern und zu verbessern», sagte der sozialistische Politiker.