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«Viele Russen fangen an, sich zu wehren»
Aus SRF 4 News aktuell vom 27.03.2017.
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Massendemos in Russland Viele Russen akzeptieren den Luxus der Oligarchen nicht mehr

Ein Video wirft Premier Medwedew ein durch Korruption finanziertes Luxusleben vor. Es hat Tausende Russen auf die Strasse getrieben. Der Anfang einer Massenbewegung? Antworten von Korrespondent Christof Franzen.

SRF News: Was genau hat diese Leute auf die Strasse getrieben?
Christof Franzen: Der Hauptgrund war die Korruption ganz allgemein, von der die meisten Menschen hier oft betroffen sind. Ein weiterer Grund ist die wirtschaftliche Lage im Land. Wegen der Sanktionen und sinkenden Rohstoffpreise ist es mit der russischen Wirtschaft in den letzten zwei Jahren abwärts gegangen. Ende des Monats haben die Russinnen und Russen heute rund 15 Prozent weniger Geld in ihren Taschen.

Warum gingen sie gerade jetzt auf die Strasse?

Video
Proteste in Russland
Aus Tagesschau vom 27.03.2017.
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Auslöser der Proteste war ein YouTube-Video des Putin-Kritikers Alexej Nawalny. Darin macht er konkrete Anschuldigungen gegen Premierminister Dmitri Medwedew. Er soll sich angeblich ein Luxusleben finanzieren lassen. Zum Beweis zeigt Nawalny Villen und Luxusgüter, die Medwedew gehören sollen. Das Video, das inzwischen über elf Millionen Mal angeklickt worden ist, sorgt für Ärger im Land.

Die Demonstranten sagen, es gehe einfach nicht, dass es in Russland eine Kaste gebe, die sich so schamlos bereichere.

Was fordern die Demonstranten?
Sie fordern Gerechtigkeit. Sie sagen, es gehe einfach nicht, dass es in Russland eine Kaste gebe, die sich so schamlos bereichere und dann auch noch über dem Gesetz zu stehen scheine. Das Video war das eine Problem, die Reaktion der Behörden und Regierung das andere. Sie erklärten die Anschuldigungen für bedeutungslos. Es handle sich um «Hirngespinste», sagten sie. Viele Menschen nahmen das als Arroganz wahr. Sie verlangen jetzt, dass man mit der Korruption im Land aufräumt, damit es auch der breiten Masse materiell wieder besser geht.

Die Demonstranten verlangen, dass man mit der Korruption im Land aufräumt, damit es auch der breiten Masse materiell wieder besser geht.

Massenprotest in Russland

Tausende Menschen sind einem Aufruf von Putin-Kritiker Alexej Nawalny gefolgt und haben in mehreren russischen Städten gegen Korruption an der Staatsspitze demonstriert.
Nawalny selbst wurde gleich zu Beginn im Zentrum von Moskau festgenommen. Allein in der Hauptstadt sollen laut den Aktivisten über 700 Demonstranten festgenommen worden sein, laut Polizei waren es rund 500.
Auslöser der Demonstrationen war ein Skandal um Ministerpräsident Dmitri Medwedew. Nawalny wirft ihm in einem Video Korruption im grossen Stil vor.

Dass in Russland sehr wenig Menschen sehr viel Reichtum anhäufen, ist nicht neu. Warum protestieren die Menschen jetzt?

In den ersten 15 Jahren unter Präsident Wladimir Putin erlebte Russland einen allgemeinen Aufschwung. Die meisten Menschen profitierten davon. Deshalb beachteten sie die Elite weniger, die noch viel mehr absahnte als sie. In den letzten zwei, drei Jahren hat sich das verändert. Den Menschen geht es unter Putin erstmals über mehrere Jahre schlechter. Daher akzeptieren viele das Protzen mit Luxus, wie das Medwedew vorgeworfen wird, nicht mehr.

Die Demonstrationen vom Sonntag sollen die grössten seit 2012 gewesen sein. Wird daraus eine Massenbewegung entstehen?

Davon sind wir noch weit entfernt. Ich war überrascht, so viele junge Leute im Zentrum Moskaus und in vielen anderen russischen Städten zu sehen. Auf den nationalen TV-Kanälen haben die Demonstrationen aber gar nicht stattgefunden. Ich bin sicher, dass ein guter Teil der Bevölkerung gar nichts davon weiss. Putin zehrt nach wie vor von seinen aussenpolitischen Erfolgen, vor allem von der Annexion der Krim. Sie hat ihm bis heute viel Popularität eingebracht, und das hält bis heute an. Zudem haben sich die Rohstoffpreise soweit stabilisiert, dass die russische Wirtschaft noch jahrelang so weitermachen und die Menschen damit bei der Stange halten kann.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Christof Franzen

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Christof Franzen

Der Journalist arbeitet seit 2003 für SRF, seit 2007 als Korrespondent in Moskau.

Nawalny muss in Haft

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Der festgenommene Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist zu 15 Tagen Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden. Für die Organisation der nicht erlaubten Demonstration in Moskau am Wochenende müsse er 20'000 Rubel (knapp 350 Euro) zahlen. Der Protest im Zentrum Moskaus habe den Strassenverkehr aufgehalten und die öffentliche Ordnung gestört.

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