Sohn polnischer Einwanderer
Ariel Scharon wird am 27. Februar 1928 als Arien Scheinermann in Kfar Malal im britischen Mandatsgebiet Palästina geboren. Seine Eltern, Samuil und Vera Scheinermann, waren aus Polen eingewandert.
Frühes Interesse am Militär
Als 14-Jähriger tritt Scharon der Hagana, dem Vorläufer der israelischen Armee, bei. Nach einem Studienjahr der Geschichte und Orientalistik an der Hebräischen Universität in Jerusalem kehrt er als Kommandant zur Armee zurück. Er tritt der «Einheit 101» bei. Diese ist für Operationen vor allem gegen Terroristen in Jordanien und Ägypten zuständig. Die Einheit ist wegen ihrer Rücksichtslosigkeit gegenüber Zivilisten umstritten. Scharon nimmt an allen Nahostkriegen teil.
Eintritt in die Politik
1973 scheidet Scharon nach Differenzen aus der Armee aus. Er beschliesst eine politische Karriere und gründet den Likud-Block, einen Zusammenschluss mehrerer konservativer Parteien. Im Oktober wird Scharon wieder in die Armee zurückbeordert, nachdem Ägypten Israel angegriffen und damit den Jom- Kippur-Krieg ausgelöst hat. Scharons – offenbar eigenmächtiges – Überqueren des Suez-Kanals hat wesentlichen Anteil am militärischen Erfolg Israels. Obwohl sein Vorgehen umstritten ist, wird er von der Bevölkerung als grosser Held (»Ariel, König von Israel») gefeiert. Sharon bleibt nach seinem Erfolg seinem Entscheid treu und zieht als Vertreter des Likud in das Parlament (Knesset) ein.
Scharon fördert den Siedlungsbau
Zwischen 1977 und 1981 ist Scharon Landwirtschaftsminister im Kabinett von Menachem Begin. Er setzt sich zwar für eine Zusammenarbeit mit Ägypten ein, forciert aber auch den Siedlungsbau in den von Israel besetzten Gebieten. Dieses kompromisslose Vorgehen bringt ihm den Übernamen «Bulldozer». Auch in den 1990er-Jahren entwickelte Scharon weitreichende israelische Siedlungspläne im Westjordanland, darunter den umstrittenen Siedlungsring um Ostjerusalem.
Einmarsch in den Libanon
Als Verteidigungsminister befiehlt Scharon 1982 den umstrittenen israelischen Einmarsch in den Libanon. Ziel war es, die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO, die vom Libanon aus den Norden Israels immer unter Beschuss nahm, zu zerschlagen. Scharon erreicht sein militärisches Ziel und vertreibt die PLO aus dem Libanon. Die israelische Öffentlichkeit kritisiert ihn jedoch zunehmend. Ins Kreuzfeuer der Kritik gerät er, als unter den Augen des israelischen Militärs christliche Milizen in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila ein Massaker anrichten, bei dem rund 800 Menschen getötet werden. Als Folge davon tritt Scharon 1983 als Verteidigungsminister zurück, bleibt jedoch als Minister ohne Geschäftsbereich in der Regierung.
Kritik am Osloer Friedensprozess
Scharon ist ein erbitterter Gegner des Friedensplans, den Jassir Arafat und Jitzchak Rabin 1993 in Wasington unterzeichnen. Ein Jahr zuvor wirft Scharon Rabin vor, er liefere mit seinen Friedensbemühungen «jüdische Siedler an die verbrecherische PLO» aus. Der Friedensprozess, der in Oslo begonnen hat, endet mit der Ermordung von Rabin im November 1995. Von da an wächst erneut die Konfrontation.
Scharon provoziert und löst «zweite Intifada» aus
Ende der 1990er-Jahre erkennt Scharon, dass die palästinensische Autonomie früher oder später zu einem palästinensischen Staat führen wird. Dies darf nach Scharon aber nur nach Abstimmung mit Israel geschehen. Er unternimmt im September 2000 einen provozierenden Spaziergang zu den arabischen heiligen Stätten auf dem Tempelberg. Scharon will damit verdeutlichen, dass der Berg auch den Juden gehört, und dass Israel die Kontrolle über ein vereinigtes Jerusalem behalten muss. Danach eskaliert der Aufstand, der als zweite Initifada bekannt wird.
Scharon gewinnt vorgezogene Wahlen
Mit dem Versprechen, den Terror zu beenden, gewinnt Sharon im Jahr 2001 eine vorgezogene Neuwahl und wird Premierminister einer Regierung der «nationalen Einheit». Ein Jahr später befiehlt Scharon die Wiederbesetzung palästinensischer Städte, um Terrorakte in Israel zu verhindern. Scharon wird der treuste Verbündete der USA im Kampf gegen den Terror. US-Präsident George W. Bush gibt Israel freie Hand im Nahen Osten.
Kampf gegen Palästinenser wird verstärkt
Als Premier setzt Scharon seine harte Politik gegen die Palästinenser fort. Er lehnt Jassir Arafat als Gesprächspartner auf palästinensischer Seite ab. Der Ex-General wirft ihm vor, Urheber am Terror zu sein. Scharon isoliert Arafat international und lässt eine öffentliche Erörterung der gezielten Tötung Arafats oder seine Ausweisung aus den palästinensischen Gebieten zu. Später stellt er ihn unter Hausarrest.
Bau einer Grenzmauer
In seiner zweiten Amtszeit ab 2003 lässt Scharon einen 720 Kilometer langen Trennungszaun zwischen den palästinensischen Autonomiegebieten und dem israelischen Kernland bauen. Das Vorhaben wird international stark kritisiert und ist umstritten. Die Mauer führt aber zu einer deutlichen Abnahme der Terroranschläge auf Israel.
«Scharon-Plan»: Abzug aus den palästinensischen Gebieten
Ende 2003 stellt Scharon einen als «Scharon-Plan» bekannten, einseitigen Abzugsplan aus dem Gaza-Streifen und Teilen des Westjordanlandes vor. Der Plan stösst innerhalb seiner eigenen Partei sowie bei den Rechtsreligiösen auf Ablehnung. Die Mitte-Links-Parteien applaudieren. International wird vor allem die mangelnde Abstimmung mit den Palästinensern kritisiert. Mit dem Abzug hat Scharon einen teilweisen politischen Kurswechsel vollzogen, der zum Bruch mit langjährigen Gefolgsleuten führt. Andere sehen im Abzug nur die Einsicht, dass der militärische Aufwand, die Siedlungen im Gaza-Streifen zu halten, auf Dauer nicht tragbar ist. Manche glauben, dass der Abzug ein Ablenkungsmanöver war, um die Grenzverschiebungen im Westjordanland durch den Trennungszaun zugunsten Israels der internationalen Aufmerksamkeit zu entziehen.
Scharon gründet wieder eine neue Partei
Im Februar 2005 schliesst Scharon ein Waffenstillstandsabkommen mit dem Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, ab. Damit gilt die «Zweite Intifada» offiziell als beendet. Im November kündigt er seinen Rücktritt als Ministerpräsident an. Der Widerstand gegen den Abzug aus den Palästinensergebieten sorgt innerhalb des Likud für Spannungen. Noch im selben Monat gründet Scharon eine neue Partei mit dem Namen Kadima («Vorwärts»).
Hirnschläge und Gehirnblutungen
Ende 2005 und Anfang 2006 erleidet Scharon mehrere Schlaganfälle und Gehirnblutungen. Mehrere Notoperationen sind nötig. Seitdem liegt er im Koma. Im April 2006 erklärt das israelische Kabinett Scharon für dauerhaft amtsunfähig. Als Nachfolger wird sein Stellvertreter Ehud Olmert ernannt. Später wird Scharon als Wachkoma-Patient auf eine Rehabilitationsstation bei Tel Aviv verlegt.
Scharon stirbt an Organversagen
Eine Installation des israelischen Künstlers Noam Braslavsky sorgt im Oktober 2010 für heftige Kritik. Zu sehen ist eine lebensechte Wachsfigur Scharons in einem Krankenbett. Ein Beatmungsgerät sorgte dafür, dass sich der Brustkorb hebt und senkt. Damit wird Scharons Gesundheitszustand zum letzten Mal in der israelischen Öffentlichkeit thematisiert. Scharon stirbt am 11. Januar 2014 nach mehrfachem Organversagen.
International Vom Siedlervater zum Vollstrecker der Siedlungspolitik
Der ehemalige israelische Ministerpräsident Ariel Scharon verkörperte für seine Landsleute wie bislang kein anderer Politiker unverwüstliches Stehvermögen und hohe Durchsetzungskraft. Der Ex-General wurde auch deshalb «Bulldozer» genannt. Heute ist der langjährige Politiker verstorben.
srf/horm;buev