Beatrice Bass ist professionelle Gitarristin. Mit der Band «The Wedding Present» (zu Deutsch: das Hochzeitsgeschenk) tourte sie um die Welt. Seit 16 Jahren lebt die Bündnerin in der englischen Küstenstadt Brighton.
Sie hat einen britischen Pass, ist schon eine Weile Mitglied der Liberaldemokraten und nun die Kandidatin im Küstenort Hove. «Plötzlich bist Du aufgestellt und fragst Dich, huch wie konnte das passieren», lacht Bass, doch ein Zufall war es nicht: «Ich habe Lebenserfahrung gesammelt, das hat mich inspiriert, jetzt die Politik mitzugestalten.»
An der Parteikonferenz politisiert die ehemalige Rockerin mit Herren in Anzügen. Was für andere klingen mag, wie ein Wechsel vom spannendsten zum langweiligsten Job ist für sie ein neues Abenteuer: «In der Musik habe ich vieles gehört. In der britischen Politik hingegen gehts jetzt ab. Also das ist alles andere als langweilig.»
An der Parteikonferenz feiert sie einen ersten Erfolg. Sie kann einen eigenen Vorstoss präsentieren. Sie fordert mehr Unterstützung für kleine Musiklokale. Voller Freude ist sie, als die Mitglieder ihren Vorschlag ins Parteiprogramm aufnehmen: «Es ist grossartig, ich realisiere gerade, dass ich die Parteipolitik mitgestalte.»
Für ein zweites Referendum
Die Liberaldemokraten rechnen bei den Wahlen mit Sitzgewinnen. Da sie sich als einzige Partei von Anfang an für ein zweites Brexit-Volksreferendum eingesetzt haben, um den Brexit zu stoppen. Auch Beatrice Bass ist, trotz Schweizer Wurzeln, in dem Punkt ganz auf Parteilinie: «Wir Briten gehören zu den grössten Ländern in Europa, wir wollen in Brüssel am Tisch sitzen und mitbestimmen. Das ist nicht vergleichbar mit der Schweiz. Die Schweiz ist klein und über die Bilateralen eigentlich prima mit der EU verbunden.»
Labourpartei als stärkste Konkurrenz
Nach Feierabend geht sie auf Wahlkampf-Tournee. Plakate stellen die Briten keine auf. Stattdessen klopfen Bass und ihr Helferteam bei möglichst vielen der 70'000 potenziellen Wählern persönlich an, um sich vorzustellen: «Bei jedem persönlich zu klingeln, ist aus Schweizer Sicht vielleicht bizarr. Aber Untersuchungen zeigen, dass es eine der effektivsten Strategien ist, um Wähler zu überzeugen.»
So geht sie von Tür zu Tür, weibelt für ihre Ideen und fordert dazu auf, ihr auf Facebook oder Twitter zu folgen. Trotz dieser Bemühungen: Es wird schwierig, den Sitz von Hove zu erobern. Denn der Abgeordnete der Labourpartei siegte das letzte Mal klar mit fast 37'000 Stimmen. Das sind doppelt so viele wie die Zweitplatzierte. Und das Majorzwahlsystem ermöglicht pro Wahlbezirk nur einen Sieger.
Skiferien in der Schweiz, falls es nicht klappt
Was wenn der Erfolg am 12. Dezember ausbleibt? – «Mal sehen, kommt darauf an, wie hoch ich verliere. Wenn nur ein paar Hundert für mich stimmen, wäre es schon enttäuschend», sagt sie in ihrem Bündner Dialekt und mit einem Schmunzeln fügt sie: «Als Erstes würde ich wohl Skiferien in der Schweiz machen.» Doch so schnell gibt sie nicht auf. Kaum ist das Interview fertig, setzt sie ihren Wahlkampf an der nächsten Haustüre fort: «Hi! My name is Beatrice, I am your Liberal Democrat candidate.» Auf Deutsch: «Hallo, mein Name ist Beatrice. Ich bin ihre liberaldemokratische Kandidatin.»