Warum mussten die Katalanen ein neues Parlament wählen? Die nationalistische Regionalregierung Kataloniens hatte am 1. Oktober ein Unabhängigkeitsreferendum durchgeführt. Dies wurde von der spanischen Justiz als verfassungswidrig angesehen. Angespornt durch das Resultat dieses Referendums leitete der Regionalpräsident Carles Puigdemont den Abspaltungsprozess ein, der in der impliziten Unabhängigkeitserklärung durch das Regionalparlament kulminierte.
Die Madrider Zentralregierung entmachtete daraufhin die separatistische Regionalregierung Ende Oktober und übernahm die Kontrolle über die Region. Sie berief sich dabei auf Artikel 155 der spanischen Verfassung. Der Regionalpräsident flüchtete nach Brüssel. Andere separatistischen Politiker wurden in Untersuchungshaft genommen. Weil einige der Spitzenkandidaten im Ausland oder im Gefängnis sind, galt die Wahl als ungewöhnlich.
Und was macht Puigdemont? Der abgesetzte Regionalpräsident und vier weitere seiner Kabinettsmitglieder weilen weiter im selbstgewählten Exil in Brüssel. Bei einem Wahlsieg will er in die Heimat zurückkehren: «Ich werde das Risiko einer Verhaftung eingehen, um als Präsident eingesetzt zu werden», versprach er im Wahlkampf seinen Anhängern. Puigdemont hat allerdings kaum Chancen. Ein Sieg seiner separatistischen Liste Junts per Catalunya (Gemeinsam für Katalonien) galt schon im Vorfeld als unwahrscheinlich.
Wer sind dann die Favoriten? Als mögliche Sieger der Parlamentswahlen wurden schon im Vorfeld folgende zwei Parteien gehandelt:
Im Lager der katalanischen Separatisten war dies nicht Junts per Catalunya, sondern die linksnationalistische Partei ERC (Esquerra Republicana de Catalunya).
Deren Spitzenkandidat Oriol Junqueras, der Ex-Vize von Regionalpräsident Carles Puigdemonts, befindet sich allerdings nach der Absetzung der katalanischen Regierung in der Nähe von Madrid in Untersuchungshaft.
Fast gleichauf mit der ERC von Junqueras lag schon in den Umfragen die liberale Bürgerpartei Ciudadanos, die eine Loslösung von Spanien ablehnt. Spitzenkandidatin ist Inés Arrimadas.
Die 36-Jährige, die in Andalusien im Süden Spaniens geboren ist, gilt als Hoffnungsträgerin der so genannten «schweigenden Mehrheit», also jener Katalanen, die gegen die Unabhängigkeit sind, aber lange Zeit stillgehalten hatten.