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Wahlen in Kosovo Ein schwieriger Partner für die EU und die USA

Nach den gestrigen Parlamentswahlen in Kosovo tun sich neue Möglichkeiten auf. Wahlsieger sind die zwei grossen Oppositionsparteien Vetevendosje und LDK, die im Wahlkampf mutige Reformen versprochen haben. Ob eine Koalition des Links-Intellektuellen, Albin Kurti, und der einzigen Frau unter den Spitzenkandidaten, Vjosa Osmani, zustande kommt, ist noch nicht sicher. Sicher ist aber, dass Kurti und seine Vetevendosje jetzt eine zentrale Rolle spielen – eine politische Kraft, vor der sich noch nicht lange her die internationale Politik gefürchtet hat.

Albin Kurti will Selbstbestimmung – Vetevendosje, der Name seiner Partei sagt es. Die Bevölkerung des Kosovos soll selber bestimmen, wie sie die Probleme ihres Landes lösen will. Das richtet sich vor allem gegen die USA und die EU, die sich als Schutzherren des Kosovo bisher überall eingemischt haben im Land, wo sie es für nötig hielten. Kurti hat damit die Haltung einer linken, anti-kolonialistischen Befreiungs-Bewegung eingenommen.

Zudem schrieb er sich das Ziel auf die Fahnen, das mehrheitlich albanisch-sprachige Kosovo mit Albanien zu vereinen. Damit hat er weitherum Ängste ausgelöst. Was, wenn sich plötzlich auch die albanische Minderheit in Nord-Mazedonien diesem Gross-Albanien anschliessen will – oder wenn sich die Serben in Bosnien mit Serbien vereinen wollen? Es die Angst vor einem Domino-Effekt, der den Balkan wieder in Gewalt versinken lassen könnte.

In den letzten Monaten aber hat Albin Kurti diese Ängste besänftigt. Er sagte, ein Referendum über den Zusammenschluss Kosovos und Albanien habe keine Priorität, der Kampf gegen Korruption und für einen funktionierenden Rechtsstaat sei viel wichtiger.

Gespräche auf Augenhöhe mit Serbien

Was die komplett blockierten Verhandlungen mit Serbien betrifft, besteht Kurti darauf, dass die beiden Länder auf Augenhöhe miteinander reden, dass Serbien keine andere Wahl hat, als Kosovo endlich als unabhängigen Staat zu akzeptieren. Das macht ihn zu keinem einfachen Partner für die EU und die USA, die den Konflikt zwischen Kosovo und Serbien lieber heute als morgen definitiv vom Tisch hätten. Aber auch die bisherigen Machthaber Premier Ramush Haradinaj und Präsident Hashim Thaci waren nicht die pflegeleichten Partner, die man sich erhofft hatte.

Thaci brachte zusammen mit Serbiens Präsidenten Aleksandar Vucic einen Gebietsabtausch ins Gespräch. Die Idee weckte genauso Ängste vor einem Domino-Effekt wie ein Anschluss Kosovos an Albanien. Und Haradinaj verhängte hundertprozentige Strafzölle gegen Importe aus Serbien und weigerte sich trotz allen Drucks aus Washington und Brüssel, diese wieder aufzuheben. In der Frage der Strafzölle sieht es sogar ganz danach aus, dass Kurti weniger stur sein könnte als Haradinaj.

Keine Partei alleine stark genug

Es gibt noch einen weiteren Punkt, für den Kurti und seine Vetevendosje-Bewegung oft kritisiert wurden. Kurti lasse in den eigenen Reihen keine Meinungsvielfalt zu, unterdrücke parteiinterne Kritiker mit stalinistischen Methoden. Die Gefahr, dass Kurti Kosovo aber autoritär regieren könnte, ist gering. Keine Partei in Kosovo ist so stark, dass sie die Macht allein beanspruchen kann. Kurti braucht eine Koalition mit der zweiten Wahlsiegerin Vjosa Osmani und deren Demokratischen Liga. Beide sind fast gleich stark.

Osmani ist auf jeden Fall gewillt, mit Kurti zu koalieren, den Schritt zu wagen. Die Frage ist jetzt nur, ob sie dafür ihre ganze Partei hinter sich hat und ob alle internationalen Akteure mitmachen.

Christoph Wüthrich

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Christoph Wüthrich ist Ausland-Redaktor bei Radio SRF und zuständig für den Westbalkan. Er hat Slawistik und Geschichte studiert.

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