Ruth Dreifuss wehrt sich. Die von ihr geleitete internationale Kommission für Drogenpolitik wolle keineswegs mit einer Liberalisierung dem Drogenhandel und -konsum Tür und Tor öffnen. Sie wolle eine «verantwortliche Kontrolle von der Produktion bis zum Konsum durch den Staat». Heute sei das Gegenteil der Fall: «Es ist ein unregulierter Markt in der Hand krimineller Organisationen.»
Für die alt Bundesrätin ist die bisherige Drogenpolitik, wie sie die UNO vertrat, kläglich gescheitert. Eine Politik, die über Jahrzehnte primär auf Repression setzte, auf Verbote und polizeiliche und strafrechtliche Massnahmen.
Trump legt altes Rezept neu auf
Dass diese Politik erfolglos blieb, gibt indirekt auch Donald Trump zu: «Die Kokain- und Opiumproduktion hat einen neuen Rekord erreicht. Unglaublich.» Die Anzahl Drogentote nahm innerhalb von 15 Jahren um fast zwei Drittel zu.
Er berief deshalb einen UNO-Drogengipfel ein. «Wir verpflichten uns, die Drogenepidemie zusammen zu bekämpfen», sagte Trump an dem Treffen im September in New York. Seine Medizin: Dieselbe, die bisher nicht funktionierte, einfach in höherer Dosis und koordinierter. Mehr als 120 Länder unterstützen den US-Aktionsplan, etwa Russland, Japan, arabische Länder und ein Grossteil Südasiens. Ausgearbeitet wurde er aber allein von der Trump-Regierung.
Präsident Trump hat bestätigt, dass Repression der Leitfaden sein soll.
Es gab keinerlei Mitsprache anderer Länder. «Trump hat bestätigt, dass Repression der Leitfaden sein soll», erklärt Dreifuss. Sie ist sich sicher, dass manche Länder aus Überzeugung mitmachten, andere jedoch bloss, um die USA nicht zum Gegner zu haben. Die Schweiz blieb der Initiative fern.
Wer Drogen nimmt, erhält keine Hilfe
Geleitet sei Trumps Drogenpolitik von einem schwarz-weissen Menschenbild, von einer ideologischen Aufteilung in Gut und Böse. «Drogenkonsumenten sind demnach böse Menschen und verdienen keine Unterstützung», kritisiert Dreifuss. «Das ist eine moralistische Haltung.» Eine Haltung, mit der sich Trump auch den Zuspruch einflussreicher evangelikaler Kreise sichere.
Im Grunde seien aber die USA selber gespalten, so Dreifuss. Auf der einen Seite Trump, auf der anderen Seite viele Bundesstaaten, die nicht auf Verbote, sondern auf eine Regulierung, ja gar auf eine Liberalisierung setzten.
Lange war die UNO-Drogenpolitik repressiv geprägt. Es gebe grosse Spannungen zwischen den Ländern, die bei der alten Politik bleiben wollen, so Dreifuss, «und den Ländern, die sehen, dass sie ohne Reformen die Gesundheits- und Sicherheitsprobleme nicht beherrschen können».
Fixerstübli als Zukunftsmodell
Zu den Reformländern gehören viele europäische, darunter die Schweiz, lateinamerikanische und immer mehr afrikanische. Dank ihnen komme endlich Bewegung in die UNO. Neue Ansätze bekämen eine Chance, sagt sie.
«Als die Schweiz vor 25 Jahren gewisse neue Behandlungsmethoden und Schadensminderungsmassnahmen eingeführt hat, zum Beispiel Fixerstübli, standen wir unter Verdacht, die Konventionen nicht mehr zu berücksichtigen.»
Heute seien diese anerkannt als positive Massnahmen, so Dreifuss. Trump, unterstützt von anderen Hardlinern, versuche nun, das Rad in der internationalen Drogenpolitik zurückzudrehen. Dreifuss schliesst aber aus, dass sich dieses Lager durchsetzt. Der repressive Ansatz sei so lange derart erfolglos geblieben, dass er unmöglich das Zukunftsmodell sein könne.