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Widerstandsgruppe gegen Trump Die Palastintrige interessiert die Trump-Wähler nicht

Der Anhörungsmarathon von Richter Brett Kavanaugh ging bis spät in die Nacht weiter, aber Interesse erregte alsbald die Frage: Wer ist der Verräter im Weissen Haus?

Die Hetzjagd im Weissen Haus hat begonnen. Einen Tag, nachdem ein mutmassliches Regierungsmitglied in den NYTimes erklärte, es gebe im Weissen Haus eine Widerstandsgruppe gegen Trump. Denn dieser sei unzurechnungsfähig.

Nun steht das ganze Kabinett unter Pauschalverdacht und beeilt sich, persönliche Dementi ins Oval Office zu schicken. Niemand will es gewesen sein.

Dem Präsidenten schadet das nicht

Derweil reiste Donald Trump nach Montana an eine Wahlkampfveranstaltung und badete in der Menge seiner Fans. «Donald Trump habe den Verstand verloren, sagen sie», ruft der Präsident den Menschen zu. Er kontert: «Ich sehe diesen Hass, und frage mich, was machen sie denn, sie schaden sich selber», sagte Trump.

Tatsächlich gewinnt die Opposition so wohl kaum Stimmen. Die Trump-Wähler in seinem Heimatstaat jedenfalls interessiere diese Palastintrige in keiner Weise, sagte der republikanische Senator Lindsey Graham aus South Carolina.

Rechtsrutsch im Supreme Court

Er und die Republikaner feiern stattdessen die höchst wahrscheinliche Richterwahl von Brett Kavanaugh. Es ist ihr Coup, der das oberste Richtergremium für Jahrzehnte nach rechts rücken wird. Da helfen keine anonymen Nebelpetarden.

Anonymer Gastbeitrag erhitzt die Gemüter

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In der renommierten US-Zeitung «New York Times» ist am 5. September ein Beitrag eines anonymen Autors erschienen. Darin wird das Bild einer Regierung gezeichnet, in der hochrangige Vertreter den Präsidenten als Gefahr für die USA betrachten. Trumps Politik werde durch die eigenen Mitarbeiter torpediert, schreibt der anonyme Autor, der nach eigenen Angaben ein «hochrangiges Regierungsmitglied» ist.

Mehrer Auszüge im Wortlaut:

  • «Ich bin Teil des Widerstandes innerhalb der Trump-Regierung». (Überschrift)
  • «Um es klar zu sagen, unsere Sache ist nicht der populäre 'Widerstand' der Linken. Wir wollen, dass die Regierung erfolgreich ist und denken, dass viele ihrer politischen Entscheidungen Amerika bereits sicherer und wohlhabender gemacht hat.»
  • «Die Wurzel des Problems ist die Amoralität des Präsidenten. Jeder, der mit ihm arbeitet, weiss, dass er keinen erkennbaren Grundprinzipien folgt, die seine Entscheidungsfindung leiten. Obwohl er als Republikaner gewählt wurde, zeigt der Präsident nur wenig Neigung für die lange von Konservativen unterstützten Ideale: freie Meinungsäusserung, freie Märkte, freie Menschen (...).»

In Washington setzten nach der Veröffentlichung des Beitrags hitzige Spekulationen über die Identität des Autors ein. Nahezu alle ranghohen Regierungsbeamten sahen sich veranlasst, eine Verantwortung für den Beitrag zurückzuweisen, darunter Vizepräsident Mike Pence, Aussenminister Mike Pompeo, Verteidigungsminister James Mattis, der nationale Geheimdienstdirektor Dan Coats und die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

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Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

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