Evangelos Karavoulis ist für eine der vier grossen griechischen Banken tätig. Seit über zwei Wochen arbeitet er nun hinter verschlossenen Türen. Sollten die Banken in den nächsten Tagen wieder öffnen, werden trotzdem viele der Beschränkungen bleiben. «Es wird noch lange unmöglich sein, von Griechenland aus Geld ins Ausland zu überweisen», sagt Karavoulis. «Zum Beispiel, um importierte Güter zu bezahlen.» Und Griechenland importiert vieles, das meiste sogar.
Priorität haben Medikamente und Lebensmittel.
Dass es trotzdem noch zu keinen Engpässen gekommen sei, dafür sorge eine Sonderregelung, erklärt der Banker. Die Regierung habe ein sechsköpfiges Gremium geschaffen, das Geldüberweisungen für Importe bewilligen könne. Priorität hätten Medikamente und Lebensmittel. Ein Gremium, das Importe bewilligen muss, das klingt nach Planwirtschaft und ist es wohl auch. «Aber», sagt der Banker, «es funktioniert bis jetzt erstaunlich gut.»
Wie sehr die Wirtschaft leidet, ist nicht abzuschätzen
Solche Bewilligungen würden oft innerhalb von Stunden oder zumindest Tagen erteilt, trotz der ansonsten quälend langsamen Bürokratie. Nur auf diese Weise sei es überhaupt möglich, trotz Bankenschliessung und Kapitalbeschränkungen die Wirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren. Firmen, die keine solchen Bewilligungen bekommen, hätten andere Möglichkeiten, Produkte im Ausland zu beziehen und zu bezahlen. Von Konten ausserhalb Griechenlands könnten sie Rechnungen begleichen.
Viele Firmen haben solche schon seit Jahren, weil sie international tätig sind. Das aber seien alles nur Notbehelfe, erklärt der Banker. Die Wirtschaft leide, in welchem Ausmass, das sei noch gar nicht abzuschätzen. Einziges Gegenmittel sei es, die Banken schnell wieder zu öffnen. «Es können auch nur einzelne Dienstleistungen sein, für die die Banken wieder öffnen», sagt Karavoulis.
Vertrauen zurückzugewinnen ist ein langer Prozess.
Offene Banken – in Griechenland wären sie ein Zeichen dafür, dass es wieder vorwärts geht. Doch vor allem: «Wir müssen das Vertrauen wieder aufbauen. Gegenüber unserer Kundschaft, aber auch gegenüber den internationalen Geldgebern», erklärt Karavoulis. Vertrauen sei ein rares Gut in Griechenland. «Es zurückzugewinnen ist ein langer Prozess», sagt der Banker.
gala; kobe
Wie kommen die griechischen Banken wieder auf die Beine?
«Bank soll in neuer griechischer Währung wirtschaften» |
Will man den griechischen Banken wieder auf die Beine helfen, dann sieht Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim nur einen radikalen Weg: Den Austritt aus dem Euro. «Ich vermute, das geht kurzfristig nur durch eine eigene Währung. Das heisst, die Euro-Forderungen gliedern wir aus und vergessen sie zunächst mal und lassen den Rest der Bank in der neuen Währung wirtschaften.» Burghofs Szenario ist ein so genannter Grexit. Der Vorteil: Die griechische Regierung könnte ihre Banken mit neuem, griechischen Geld rekapitalisieren, sie so stärken. So hätten sie die Chance, einen Neustart zu versuchen. |
«Wir sind auf einer Art Titanic, die Richtung Grexit zusteuert» |
Einen Grexit als Ausweg hält auch Finanzprofessor Harald Hau von der Universität Genf für realistisch: «Ich glaube die politischen Entschlüsse am Montag kamen zu spät. Wir sind quasi schon auf einer Art Titanic, die unwiderruflich verloren ist und auch Richtung Grexit zusteuert. Es scheint sehr schwierig, jetzt den Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum abzuwenden.» Verlierer bei diesem Szenario wären vor allem die Sparer. Ihre Guthaben auf den Konti würden praktisch über Nacht von Euros in eine neue griechische Währung umgewandelt. Eine Währung, die mit Sicherheit deutlich weniger Wert hätte. |