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Wie weiter nach Shutdown-Ende? «Der Notstand in drei Wochen ist wahrscheinlich»

Der längste Shutdown der Geschichte ist vorbei. 35 Tage lang waren Teile der US-Verwaltung gelähmt. Heute war Tag 1 nach dem Shutdown.

SRF News: Matthias Kündig in Miami, läuft wieder alles normal?

Matthias Kündig: Da Wochenende ist, kann ich diese Frage noch nicht klar beantworten. Gewisse Dienste haben sofort wieder funktioniert. Die Border Patrol zum Beispiel hat umgehend wieder Pressemitteilungen verschickt. Aber es ist unklar, ob am Montag sämtliche Beamtinnen und Beamten an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werden. Denn einige haben sich in den letzten Tagen andere Jobs gesucht, um Geld zu verdienen, zum Beispiel als UBER-Fahrer oder in der Gastronomie.

Zudem ist in den letzten fünf Wochen vieles unerledigt geblieben. Der Stillstand vor Weihnachten war abrupt und es wird wohl noch Tage und Wochen dauern, bis überall in der Verwaltung wieder alles normal läuft.

800'000 Staatsangestellte haben seit fünf Wochen keinen Lohn mehr erhalten. Man liest hier von prekären Situationen. Staatsangestellte, die sich in der Suppenküche ernähren mussten. Wann gibt es für diese Leute Lohn?

Im gestern verabschiedeten Gesetz sind die nachträglichen Lohnzahlungen bereits bewilligt. Aber es kann je nach Departement oder Institution noch Tage oder sogar Wochen dauern, bis die Löhne tatsächlich ausbezahlt werden. Viele werden also noch weiterhin finanziell in der Klemme stecken. Offen ist zudem, ob auch die sogenannten Contractors nachträglich entschädigt werden. Das sind Firmen und Einzelpersonen, die für die Verwaltung Arbeiten ausführen, wie zum Beispiel Reinigungs-, Sicherheits- oder IT-Dienste.

Kommen wir zu den politischen Auswirkungen. Trump hat so tiefe Umfragewerte, wie noch nie. Wird ihm dieser Rekord-Shutdown langfristig schaden?

Erfahrungsgemäss schlagen sich Shutdowns schon nach ein paar Monaten kaum mehr nieder in Wahlresultaten. Das politische Langzeitgedächtnis ist auch in den USA nicht eben ausgeprägt.

Aber was man heute schon sagen kann: Trump ist sein sorgfältig gepflegtes Image als Macher, der seine Ziele gegen alle Widerstände durchsetzt, seit gestern los. Das gilt auch für einen Teil seiner Anhänger. Die rechts-konservative Kolumnistin Ann Coulter hat Trump umgehend als Feigling bezeichnet und beissend geschrieben: Sein Vorgänger Obama habe seine schrecklichen Ideen immerhin durchgesetzt, der habe etwas getan für seine Anliegen. Trump hingegen schwatze und verspreche immer nur.

Es wird interessant sein, zu sehen, was nun im rechten Lager passiert – vor allem bei den Republikanern im Kongress.

Es liegt eine vorübergehende Lösung vor, für drei Wochen. Besteht die Gefahr, dass dann die Verwaltung wieder dicht machen muss?

Die ist meines Erachtens gering. Denn warum sollte er wieder die gleiche Massnahme ergreifen, mit der er eben nicht nur nichts erreicht, sondern sogar einen Teil der eigenen Anhängerschaft gegen sich aufgebracht hat.

Wahrscheinlicher ist, dass er in drei Wochen den nationalen Notstand erklärt, falls er nicht das bekommt, was er will. Damit bekommt er die Mauer zwar wohl auch nicht, weil dieser Schritt vor Gerichten angefochten würde. Aber Trump könnte wenigstens behaupten, alles versucht zu haben.

Hat diese Mauer, wie Donald Trump sie will, überhaupt noch eine Chance?

Das kommt ganz darauf an, wie man Trumps Mauer mittlerweile definiert. Eine Betonmauer, durchgehend von Pazifik bis zum Golf von Mexiko wird es definitiv nicht geben. Das hat gestern selbst Trump deutlich gesagt und gleich noch behauptet, das habe er gar nie gefordert.

Punktuelle Verstärkungen und Erneuerungen der bestehenden Grenzbefestigungen, mehr Technologie und Personal zur Überwachung der Grenze, finden aber selbst bei Demokraten Zustimmung. In den nächsten drei Wochen wird nun wohl nach einer Lösung gesucht, mit der der US-Präsident behaupten kann, er habe den Grenzschutz verstärkt – und die Demokraten wiederum betonen können, sie hätten die Mauer verhindert.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

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