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Zahlungsstopp für Regenwald «Es ist wichtig, dass jetzt weitere Schritte folgen»

Nach Deutschland will auch Norwegen die Zahlungen zum Schutz des Regenwaldes an Brasilien stoppen. Damit wollen die beiden grössten Geldgeber ein Zeichen gegen die Politik des Präsidenten Jair Bolsonaro setzen, dem der Schutz des Regenwaldes zu wenig am Herzen liege. Thomas Vellacott, CEO von WWF Schweiz, über die Chancen und Risiken dieses Schrittes.

Thomas Vellacott

CEO WWF Schweiz

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Thomas Vellacott arbeitet seit 2001 für den WWF und ist seit 2012 Chef der Organisation. Zuvor war er für Citibank und McKinsey tätig.

SRF News: Was kann eine solche Massnahme überhaupt bewirken?

Thomas Vellacott: Deutschland und Norwegen setzen damit ein Zeichen. Wichtig ist aber, dass sie es dabei nicht bewenden lassen. Sonst könnte es einen negativen Einfluss haben. Man könnte den Waldschutz im Amazonas sogar schwächen statt ihn zu stärken.

Inwiefern?

Indem jetzt weniger Geld an diejenigen Leute geht, die sich für den Waldschutz einsetzen. Zum Beispiel die indigene Bevölkerung oder Organisationen der Zivilgesellschaft. Sie brauchen diese Unterstützung unbedingt im Kampf gegen die Zerstörung des Amazonas'.

Handelspartner müssen Umwelt- und Sozialstandards auch wirklich einfordern.

Was könnte man sonst noch tun, um Einfluss zu nehmen?

Wichtig ist, dass ausländische Regierungen jetzt handeln und nicht bei diesem Einfrieren der Mittel verharren. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Etwas ganz Wichtiges ist, dass Regierungen jetzt die Fragen des Waldschutzes einbauen in ihre Handelsbeziehungen mit Brasilien. Kürzlich wurde ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur – den südamerikanischen Staaten – unterzeichnet. Dort ist auch vorgesehen, dass es Umwelt- und Sozialstandards gibt. Die muss man auch wirklich einfordern.

Was kann die Schweiz tun?

Es gibt weitere Sachen, die Staaten unternehmen können – auch die Schweiz. Zum Beispiel eben eine Stärkung der Zivilgesellschaft in Brasilien. Oder eine Stärkung der Gemeinschaften der indigenen Bevölkerung, die sich tagtäglich für den Waldschutz einsetzen. Und wir können klar machen, dass brasilianische Firmen sich an gemeinsame Standards halten müssen, wenn sie Handel mit dem Rest der Welt betreiben wollen. Das ist ein starkes Zeichen. Sogar die Agrarlobby in Brasilien hat sich dafür eingesetzt, dass sich Brasilien nicht aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzieht, wie das Präsident Bolsonaro angekündigt hatte. Denn sie verstehen, dass das die Position der brasilianischen Wirtschaft weltweit schwächen würde.

Was bedeutet es denn, wenn die Zahlungen in diesen Amazonas-Fonds eingefroren werden?

Diese Amazonas-Fonds ist unglaublich wichtig. Er stellt sicher, dass Gelder zur Verfügung stehen für den Waldschutz. Und dass zum Beispiel Schutzgebiete nicht nur Absichtserklärungen sind, sondern dass Behörden und lokale Gemeinschaften die Mittel haben, den Wald zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften. Schliesslich handelt es sich beim Amazonas und das grösste zusammenhängende Tropenwald-Gebiet der Welt – ein riesiger CO₂-Speicher und ein Lebensraum für Millionen von Menschen.

Ist es trotzdem gut, die Zahlungen zu stoppen?

Ich verstehe gut, weshalb die Regierung das gemacht haben. Der Schritt setzt ein Zeichen. Er führt zu einer Diskussion darüber, dass die Entwaldungsrate im Amazonas massiv angestiegen ist in den letzten Monaten – nachdem man sie früher deutlich reduziert hatte. Aber jetzt ist wichtig, dass man es nicht einfach es dabei bewenden lässt, sondern weitere Schritte unternimmt, damit man den Waldschutz stärkt im Amazonas und nicht schwächt. Sonst würde man Herrn Bolsonaro ein Geschenk machen damit.

Das Gespräch führte Stefanie Schunke.

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