Keller-Sutter gegen Humbel - Altersvorsorge 2020: Zwei Köpfe, zwei Meinungen
Am 24. September entscheidet die Schweiz über die Zukunft der AHV. National- und Ständerat mussten sich gleich mehrmals über das Milliardenprojekt beugen. Wirkliche Einigkeit herrscht noch immer nicht.
Bis zum Schluss kämpften die beiden Politikerinnen um ihre Lösungsvorschläge: CVP-Nationalrätin Ruth Humbel auf der Seite der Befürworter, FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter auf der Seite der Gegner.
Können wir uns eine Erhöhung der AHV um 70 Franken leisten?
Ruth Humbel (CVP/AG)
Ja, wir können uns die 70 Franken leisten. Einigkeit bestand über das Reformziel, das Rentenniveau zu halten, was einen Ausgleich erfordert. SVP und FDP wollten diesen voll in der 2. Säule realisieren, was insgesamt gleich viel gekostet und die Tieflohnbranchen massiv mehr belastet hätte. Der Ausgleich über die AHV ist gerechter, effizienter und sozialer. Zudem haben Personen ohne 2. Säule, namentlich Frauen, deren Rentenalter erhöht wird, eine leichte Aufbesserung der AHV.
Karin Keller-Sutter (FDP/SG)
Ein solcher Zustupf nur für Neurenter ist nicht nur ungerecht gegenüber den bisherigen Rentnern, sondern verschlechtert die Finanzsituation der AHV. In den nächsten Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Pension; immer mehr Rentner stehen damit immer weniger Erwerbstätigen gegenüber. Der Zuschlag von 70 Franken für Neurenter führt deshalb in der AHV bereits 2027 zu einem Defizit von einer Milliarde Franken und bis 2035 würde nicht einmal mehr Rentenalter 67 reichen, um den Ausbau zu finanzieren.
Was bedeutet die Altersvorsorge 2020 für die Jungen?
Ruth Humbel (CVP/AG)
Die Reform ist die beste Lösung, auch für Junge: Die Milliardenumverteilung in der 2. Säule wird gestoppt (heute bezahlen die Erwerbstätigen gut 1,3 Milliarden Franken an Rentner). Vorsorgelücken aus Teilzeitarbeit werden geschlossen. In der AHV wird die demographische Entwicklung über eine Mehrwertsteuer-Erhöhung von 0,3 Prozent im Jahr 2021 finanziert. Die AHV-Erhöhung von 70 Franken wird über 0,3 Lohnprozente finanziert, was vorteilhaft ist für Junge, weil sie in der Regel weniger verdienen als ältere Erwerbstätige. Die Flexibilität des Rentenalters mit der Möglichkeit, die Rente nach 65 Jahren zu verbessern, nützt auch den Jungen.
Karin Keller-Sutter (FDP/SG)
Die Jungen sind die Verlierer der Vorlage. Sie erhalten keinen Besitzstand in der 2. Säule, müssen dort aber mehr einzahlen. Zudem bezahlen sie über mehr Lohnabzüge und die erhöhte Mehrwertsteuer den Rentenzustupf von 70 Franken, ohne dass sie sicher sein können, dass dieser auch bei ihrer Pensionierung noch finanzierbar ist. Die Altersvorsorge 2020 verletzt die Generationengerechtigkeit.
Was passiert, wenn die Altersreform 2020 abgelehnt wird?
Ruth Humbel (CVP/AG)
Nach 22 Jahren Reformstau wäre ein Scheitern der Reform ein Desaster für die Stabilität der Altersvorsorge und die teuerste Variante überhaupt: Die Mehrwertsteuer müsste auf 2018 gesenkt werden. Dadurch würde der AHV eine Milliarde Franken entzogen. 2025 hätte die AHV ein Defizit von drei Milliarden Franken, 2030 bereits sieben Milliarden Franken. Die Milliardenumverteilung in der 2. Säule ginge weiter. Den Jungen würden riesige Lasten überwälzt und die jetzigen Rentner müssten bei einer nächsten Revision mit Rentenkürzungen rechnen.
Karin Keller-Sutter (FDP/SG)
Eine Ablehnung würde wie bei den Unternehmenssteuern den Weg frei machen für eine einfachere und transparente Vorlage, die die AHV und die berufliche Vorsorge getrennt behandelt. Es liegen alle Fakten auf dem Tisch, deshalb könnte – falls der politische Wille vorhanden ist – schnell eine neue Vorlage verabschiedet werden. Eine Reform, die die Finanzen der AHV verschlechtert, ist keine Reform.
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