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Vertreibungen Kaffee mit bitterem Nachgeschmack

Ein gewichtiger Kaffee-Grosshändler, der auch Migros beliefert, ist in Uganda in einen Streit um Landrechte involviert.

Die Bewohner von Mubende erinnern sich noch sehr genau an jene Tage im August 2001, als das ugandische Militär auffuhr und sie aus ihren Häusern vertrieb. Kurze Zeit darauf hätten die Arbeiten für die Errichtung der Plantage begonnen.

Die Menschrechtsorganisation Fian verfolgt den Fall seit Jahren. Ihr Verdikt: «Diesen Menschen sind schwere Menschenrechtsverletzungen zugefügt worden.» Insgesamt seien über 2000 Menschen vertrieben worden.

Arbeiter auf Kaffee-Plantage.
Legende: Die Kaweri-Plantage im Südwesten von Uganda ist mit 2500 Hektar die grösste Kaffee-Plantage des Landes. SRF

Die Plantage gehört der Neumann-Gruppe, einem der grössten Rohkaffeehändler weltweit. Der Hamburger Konzern sieht sich nicht in der Schuld. Die Vorfälle seien vor der Unterzeichnung des Pachtvertrages mit dem ugandischen Staat und ohne das Wissen der Firma geschehen. Zudem sei es nur zu wenigen Zwangsumsiedlungen gekommen. Auch Kompensationszahlungen seien geflossen.

30 Euro Entschädigung

Fian hält dagegen: Auf dem Gebiet der Plantage hätten davor 4000 Menschen gelebt. Das habe Neumann auch gewusst. Einige seien angeblich mit 30 Euro entschädigt worden, die Quittungen zu unterschreiben seien sie im Beisein von Soldaten gezwungen worden.

Heute nach 16 Jahren leben die Vertriebenen in bitterer Armut. Sie sind noch immer ohne Land, ohne wirkliche Existenzgrundlage. Auch die Unterstützung durch die Menschenrechtsorganisation Fian hat daran nichts geändert. Eine Klage, die die Vetriebenen im Jahre 2002 eingereicht haben, hat bis heute in Uganda nicht zu einem rechtskräftigen Urteil geführt.

Runde Fassade.
Legende: Neumann aus Hamburg gehört mit einem Umsatz von 2,5 Milliarden Franken zu den weltweit grössten Rohkaffeehändlern. SRF

Neumann schreibt auf Anfrage, das Unternehmen sei zu Vergleichsgesprächen bereit, unter Beteiligung aller Vertragsparteien.

Und die Migros, die nach Schätzungen rund einen Viertel ihres Kaffeebedarfes bei Neumann einkauft und sich seit Jahren für ihre Engagement in Sachen Umwelt und Nachhaltigkeit brüstet? Sie will sich zum Verhalten ihres Lieferanten nicht äussern. Sie betont, Neumann erwirtschafte mit der Migros nur gerade ein bis zwei Prozent des Umsatzes. Die Migros beziehe ausserdem keinen Kaffee von der Kaweri-Plantage. Sie nehme ihre Sorgfaltspflicht gegenüber Lieferanten wahr.

Fragwürdige Zertifizierung

Kaffee trägt häufig das Gütesiegel von Utz, das für einen «Kaffeeanbau mit Rücksicht auf Mensch und Natur» steht. Pikant: Auch der Kaffee der Kaweri-Plantage war während sehr langer Zeit Utz-zertifiziert. Wie passen die Vertreibungen dazu?

Utz schrieb noch vor wenigen Wochen, da das Gerichtsverfahren zum Landnutzungsstreit noch hängig sei, gebe es keine Verstösse gegen die Richtlinien. Kurz darauf und nach einer Anfrage des Wirtschaftsmagazins «ECO» schwenkte Utz um: Seit Anfang Jahr ist Kaweri nun nicht mehr zertifiziert. Eine Begründung dafür liefert Utz nicht.

Konzernverantwortungsinitiative

Die Konzernverantwortungsinitiative soll Schweizer Unternehmen dazu bringen, dass sie für ihre Lieferanten mehr Verantwortung übernehmen. Was hiesse eine Annahme für die Migros im Falle des Lieferanten Neumann? Vermutlich gar nichts: Sie wäre zwar neu zu einer Sorgfaltsprüfung verpflichtet. Das heisst, sie müsste abklären, ob ihre Lieferanten die Menschenrechte und den Umweltschutz einhalten. Laut Einschätzung des Vereins der Konzernverantwortungsinitiative könnte die Migros für allfällig geschehenes Unrecht in Uganda aber nicht haftbar gemacht werden, da die Migros nur einer von vielen Kunden von Neumann sei und über keine Kontrollmöglichkeit über Lieferanten verfüge. Das Beispiel Neumann dürfte typisch sein: Die Initiative wird bei einer Annahme möglicherweise nur wenig bewirken.
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