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Bundesrat unterstützt Sion 2026
Aus Echo der Zeit vom 18.10.2017. Bild: Keystone
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Schluss mit dem Gigantismus «Sion 2026» will Olympia gesundschrumpfen

Kleiner, kostendeckend, nachhaltig: So will Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl das olympische Flämmchen neu entfachen.

1948 inszeniert die Schweizer Filmwochenschau ein schwarz-weisses Drama hoch über St. Moritz:

Die Strecke ist sehr schwierig. Hier stürzt der Norweger Eriksen, und es scheint kaum möglich zu sein – er steht auf und fährt weiter.

Auf die Schrecksekunde folgt ein veritabler Schock: Der Schweizer Kronfavorit Karl Molitor fährt nur auf den 3. Rang, Gold holt sich der Franzose Henri Oreiller mit überlegener Bestzeit. Zu allem Überfluss krallt sich der Österreicher Franz Gabl die Silbermedaille.

Immerhin, das Engadin beschenkt die Olympischen Winterspiele mit «silbernem Schnee und goldener Sonne», freut sich die Filmwochenschau. Die Schweiz darf sich, wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg, im besten Licht präsentieren: Schon damals versammelten sich 498 Journalisten aus aller Welt im Pressezentrum im Hotel du Lac.

Die Winterspiele sollten sich für das damals noch beschauliche Dörfchen lohnen: Sie standen am Anfang des Baubooms der 1950er Jahre, St. Moritz stieg nach den Winterspielen endgültig zu einem Monaco der Alpen auf.

Der nächste Anlauf

78 Jahre später sollen nun wieder Olympische Winterspiele in der Schweiz stattfinden: «Sion 2026» buhlt um den Zuschlag des Internationalen Olympischen Komitees, vor allem aber um die Unterstützung der eigenen Bevölkerung: Die Vorfreude ist noch überschaubar.

Denn wie auch im Bündnerland, wo Olympia-Pläne in den letzten vier Jahren zwei Mal an der Urne versenkt wurden, ist auch an den geplanten Austragungsorten mit Skepsis zu rechnen.

«Sion 2026»: Keine reine Walliser Angelegenheit

Die Wettkämpfe sollen dezentral im Wallis, Fribourg, Bern, Waadt und Graubünden stattfinden. Doch es regt sich Widerstand. In den verschiedenen Austragungsorten sind kantonale Abstimmungen möglich. Das Internationale Olympia-Komitee IOC entscheidet übernächsten November, ob die olympische Flamme im 2026 nach Sion getragen wird.
Jürg Stahl
Legende: In diesem Jahr amtet Jürg Stahl als Präsident des Nationalrats. Keystone

Jürg Stahl, Nationalratspräsident und Präsident von Swiss Olympic, glaubt aber fest an die Spiele in neun Jahren:

Es ist ein gutes Projekt (…) Und ich bin zuversichtlich, dass wir am Abstimmungstag die Argumente auf dem Tisch haben, um die Bevölkerung hinter uns zu bringen.
Autor: Jürg StahlPräsident von Swiss Olympic

Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg. Eine nicht repräsentative Umfrage im Oberwallis zeigte schon im März, dass die Einheimischen dem Projekt eher kritisch gegenüberstehen. Einige hofften zwar auf einen Aufschwung für den Tourismus, viele aber scheuen hohe Ausgaben und Umwelteingriffe.

Tatsächlich haben sich Olympische Spiele seit dem Wintermärchen von St. Moritz 1948 zum gigantomanischen Super-Event entwickelt: auf die «Hochsicherheitsspiele» im subtropischen Sotschi folgen im kommenden Jahr die Spiele in Pyeongchang – sie sollen das Hightech-Land Südkorea für den Wintertourismus erschliessen.

Es ist wie immer mit Olympia: Irgendwo im Nirgendwo wird etwas aus dem Boden gestampft. Es sind Machenschaften, bei denen man nicht überall dahinterstehen kann.
Autor: Carlo JankaZur Olympia-Abfahrtsstrecke in Südkorea

In vier Jahren sollen die Spiele von Peking ausgetragen werden. Auch hier ist nicht mit Understatement zu rechnen. Mit «Sion 2026» soll aber alles anders werden, verspricht Stahl: «Wir wollen Spiele für die Schweiz und für die nächste Generation durchführen.»

Das IOC hat Lust auf einen Partner, der die olympische Bewegung in eine neue Epoche führen kann.
Autor: Jürg StahlPräsident von Swiss Olympic

Auch das IOC wisse, dass die Spiele künftig nur noch in einem «vernünftigen Rahmen» durchgeführt werden könnten. Gelingen soll das ambitionierte Unterfangen, indem auf Nachhaltigkeit gesetzt wird – etwa, indem bestehende Anlagen genutzt werden: «Wir sind hier in einer Pionierrolle: Es wären die ersten Spiele, die das IOC auf Grundlage der neuen Spielregeln vergibt», sagt Stahl.

Schon 1948 sei die Schweiz in eine Pionierrolle geschlüpft: «Die olympische Bewegung war nach dem 2. Weltkrieg am Boden.» St. Moritz sei damals in die Bresche gesprungen, und habe die Bewegung wiederbelebt. Stahl glaubt fest daran, dass die Schweiz das Know-how und das Personal hat, um die olympischen Spiele quasi gesund zu schrumpfen.

Vier Männer und ein Schlitten:
Legende: Vier Männer und ein Schlitten: Olympia soll sich ein Vorbild an St. Moritz 1948 nehmen, um die Menschen zu erreichen. Keystone

«Keine Spende, eine Investition»

Zu reden wird neben der Nachhaltigkeit auch der finanzielle Rahmen geben. Der Bundesrat will das Projekt mit einer Milliarde unterstützen: «Deswegen habe ich die Korken noch nicht knallen lassen», sagt Stahl. Ebenso wichtig sei für ihn, dass der Bundesrat damit zeige, dass er hinter der Olympia-Bewerbung stehe.

Aus der eigenen Partei erfährt Stahl Gegenwind: Die SVP teilte heute mit, das Geld solle lieber in die Landesverteidigung investiert werden. «Das eine schliesst das andere nicht aus», meint Stahl. Das Geld vom Bund sei weder eine Spende noch eine Subvention, sondern eine Investition: «Die Milliarde können wir richtig und präzise einsetzen.»

Dass am Ende der Steuerzahler ein Defizit berappen muss, glaubt der Zürcher Nationalrat nicht: «Wir haben die Leute mit an Bord, um auch auf der wirtschaftlichen Seite Wort zu halten.»

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