Ein Richterbeschluss und eine Hacking-Software reichten den US-Strafverfolgungsbehörden bislang, um auf iPhones zuzugreifen. «Das ist mittlerweile zu einer Routine geworden, um Beweise zu sichern», erklärt SRF-Digitalredaktor Peter Buchmann.
Wie die New York Times schreibt, unterstützen drei spezialisierte Technologiefirmen die Behörden beim Zugriff auf die Nutzerdaten der iPhones. «Die Spezialisten erhalten die Geräte von den Behörden, knacken sie und schicken sie wieder zurück», so Buchmann.
Eine der Firmen stellt den Behörden die Software auch direkt zur Verfügung. Diese Dienstleistung schlägt mit mehreren zehntausend Dollar zu Buche. Doch auch die Auftragsarbeit kostet tausende Dollar. «Es ist ein regelrechtes Geschäft entstanden», sagt Buchmann.
Nun hat Apple reagiert: Der amerikanische IT-Gigant schliesst die Sicherheitslücke mit einem Software-Update. Das freut die Kunden. Und: In Zeiten, da etwa Facebook mit klandestinen Geschäften mit Kundendaten Schlagzeilen macht, dürfte das Update ohnehin Sympathien wecken.
Die US-Behörden freut das Software-Update weniger. Für sie reisst Apple erneut eine Lücke in der nationalen Sicherheit auf. Denn die Hacking-Software war im Nachgang des Terroranschlags von San Bernardino entwickelt worden, bei dem 14 Menschen starben.
Damals hatte Apple aus Datenschutzgründen die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden verweigert. Sie konnten deswegen monatelang nicht auf das iPhone des Attentäters zugreifen. US-Präsident Donald Trump rief sogar zum Boykott von Apple-Produkten auf.
«Damals soll das FBI noch 1,3 Millionen Dollar bezahlt haben, um das iPhone des Attentäters öffnen zu lassen», so Buchmann. Dass der Preis für das Knacken der iPhones seither dermassen eingebrochen ist, wertet der SRF-Digitalredaktor als Hinweis darauf, dass sich das Know-how inzwischen verbreitet habe. Möglicherweise auch auf kriminelle Kreise.
Schutz der Nutzerrechte vs. Schutz der Gesellschaft
Die Software, mit der die US-Behörden bislang auf iPhones zugreifen konnten, wurde von einem ehemaligen Apple-Mitarbeiter entwickelt. Datenschützer monieren schon länger, dass die Software auch Kriminellen erlauben könnte, sensible Daten von den Smartphones zu stehlen.
Apple stellt sich nicht grundsätzlich gegen die Zusammenarbeit mit den Behörden. Auf Anfrage gewährt der Konzern ihnen etwa Zugang auf Nutzerdaten, die in die «Cloud», also auf Server, hochgeladen wurden. «Seit 2013 sind bereits 55'000 entsprechende Anfragen eingegangen, die mehr als 200'000 Konten betreffen», so Buchmann.
Eine Hintertür für den direkten Zugriff auf die Geräte wolle Apple aber nicht einbauen. Das Unternehmen fürchte, dass diese Hintertür auch von Kriminellen genutzt werden könne.
Die Angst vor Eindringlingen
IT-Experte Buchmann erinnert daran, dass der Konflikt zwischen individuellen Nutzerrechten und öffentlicher Sicherheit lange Tradition hat. Entbrannt sei die Debatte bereits in den 1980er-Jahren, als es um die Einführung unknackbarer Verschlüsselungsalgorithmen ging.
«Die US-Behörden beharrten zunächst auf einer Hintertür und strengen Exportregulierungen», so Buchmann. Die IT-Industrie und das Militär hätten dann aber eingesehen, dass die Nachteile dabei überwiegen.
Das Katz-und-Maus-Spiel geht weiter
Apple sei heute der Ansicht, dass der Mehrwert sicherer Geräte die Gefahren überwiege. Mit gestohlenen Nutzerdaten lasse sich gewaltiger Schaden anrichten, warnt der Konzern, etwa beim Online-Shopping oder Online-Banking.
«Diese Haltung hat sich in den letzten Jahrzehnten weitgehend durchgesetzt. Man muss vielleicht sagen: Ausserhalb der Strafverfolgungsbehörden», so Buchmann. Das Katz-und-Maus-Spiel werde aber zweifelsohne weitergehen. Zumal mittlerweile eine richtige Industrie um das Knacken der iPhones entstanden sei.