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Baden im Schutzanzug Tödliche Qualle breitet sich im Süden Australiens aus

Fraser Island vor der Küste von Queensland ist ein beliebtes Reiseziel. Doch die Zukunft dieses Touristenparadieses ist gefährdet. Durch ein Tier, das man fast nicht sieht.

Es ist traumhaft am Strand der Fraser-Insel, vor der Küste des australischen Bundesstaates Queensland. Touristen kommen wegen der Wildnis, wegen der Tiere – und natürlich wegen des Meeres. Die Frage ist nur: Wie lange noch?

Jamie Seymour, Professor an der Cook-Universität bei Cairns, hält eine kleine Glasampulle in die Kamera des australischen Fernsehens. Nur wer genau hinschaut, sieht so etwas wie einen kleinen Fetzen Schleim, nicht grösser als der Nagel des kleinen Fingers: eine Qualle. Das Tier wurde vor der Fraser-Insel aus dem Wasser gefischt. «Es ist ein junges Tier, nicht älter als ein oder zwei Wochen», sagt der Meeresbiologe. Irgendwo nahe der Insel könnte es eine Brutstätte geben.

Klein und unscheinbar, doch kaum ein Tier auf der Welt ist giftiger als diese kleine Qualle. Es ist eine von mehreren Arten, die das sogenannte Irukandji-Syndrom auslösen können, so benannt nach einem australischen Eingeborenen-Stamm.

Unbeschreiblich starke Schmerzen

Klein und durchsichtig wie sie ist, sieht man die Qualle im Wasser praktisch nicht. Wer aber mit ihr in Berührung kommt, erlebe die Hölle auf Erden, sagen Betroffene: furchtbare Magenkrämpfe, Erbrechen, überwältigende Panik und Todesangst. Und Schmerzen, so stark, so unerträglich, dass manche Patienten den Arzt anflehten, sie sterben zu lassen. Zehn bis fünfzehn Prozent der Patienten leiden unter Herzproblemen. Selbst junge Menschen können durch den Kontakt sterben.

Die grösste Gefahr lauert auf der Strasse. Dass Leute auf die falsche Strassenseite geraten und sich unter diesen Umständen verletzen.
Autor: Daniel Gschwind Queensland Tourismus

Irukandji-Quallenarten leben in den tropischen Gebieten, in den warmen Gewässern zwischen dem Barrier-Riff und der Küste. Dort wird in der Regel weniger oft im Meer gebadet als im Süden. Wegen anderer Gefahren wie etwa Salzwasserkrokodilen.

Löst die Entdeckung der Qualle in der milliardenschweren Tourismusindustrie Panik aus? «Zu Panik besteht sicher kein Grund. Zu Besorgnis aber immer», sagt Daniel Gschwind. Der Basler ist oberster Vertreter der Tourismusindustrie von Queensland. So gebe es für Australienbesucher verschiedene Gefahren: «Man muss sich bewusst sein: Die grösste Gefahr lauert auf der Strasse. Dass Leute auf die falsche Strassenseite geraten und sich unter diesen Umständen verletzen.»

Meerestemperaturen im Süden steigen

Der Wirtschaftszweig Tourismus hat es schon lange schwer. Das Problem: der Klimawandel und dadurch steigende Wassertemperaturen. Korallenbleiche ist eine Folge. Sie betrifft immer weitere Teile des Barrier-Riffs, das direkt und indirekt 70'000 Leute im Tourismus beschäftigt. Und jetzt kommt die Irukandji-Qualle.

«Die Diskussion dreht sich darum, dass die Gefahr sich weiter im Süden ausbreitet. Vielleicht durch den Klimawandel, wir wissen es nicht genau», so Gschwind. Forscher vermuten tatsächlich, dass der Klimawandel dafür verantwortlich ist.

Die Irukandji-Qualle könnte wegen steigender Meerestemperaturen ihren Lebensraum immer weiter in die bisher kühleren Gewässer im Süden ausweiten – und damit in einige der wichtigsten Touristengebiete des Landes. Wenn das eintrifft, könnte das Schwimmen an der australischen Küste in Zukunft vielleicht nur noch so möglich sein, wie das im tropischen Norden schon heute ein Muss ist: von Kopf bis Fuss bekleidet mit einem hautengen Anzug aus Kunstfasern. Nur so kann man sich wirklich vor dieser unheimlichen und unsichtbaren Gefahr im Wasser schützen.

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