Seit fast zwei Jahren wird vor Gericht um die Bilder von Cornelius Gurlitt gestritten. Der Kunsthändler-Sohn verstarb 2014 in München und vermachte die Bilder – darunter befindet sich auch Raubkunst aus der Nazizeit – überraschend dem Kunstmuseum Bern. Doch das passt Gurlitts Cousine, Uta Werner nicht: Sie hat das Testament vor Gericht angefochten.
Sich widersprechende Gutachten
Das Berufungsgericht muss nun über die Frage entscheiden, ob Gurlitt beim Verfassen seines letzten Willens im vollständigen Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen ist. «Es geht darum, ob das Testament gültig ist, oder nicht», sagt SRF-Kulturredaktorin Ellinor Landmann. Dem Gericht liegen diverse Gutachten vor, die jedoch zu unterschiedlichen Schlüssen kamen.
Klar ist: Das Amtsgericht München hatte als erste Instanz im Sinne des Kunstmuseums Bern entschieden. Grundlage für den Entscheid bildete ein Gutachten, laut dem nicht bewiesen werden könne, dass Gurlitt «testierunfähig» gewesen sei. Gegen das Urteil legte Werner Berufung ein und präsentierte neue Gutachten, die zum gegenteiligen Schluss kamen.
Prozessausgang völlig offen
Daraufhin gab auch das Oberlandesgericht München, das als zweite Instanz nun über den Fall urteilt, ein weiteres Gutachen in Auftrag. Dieses kam zum Schluss, der verstorbene Gurlitt habe zwar an «schweren psychischen Krankheiten» gelitten, sei aber durchaus testierfähig gewesen. Darüber hinaus befragte das Gericht mehrere Zeugen, bevor es nun sein Urteil fällt.
Wie dieses ausfallen wird, sei völlig offen, sagt Redaktorin Landmann: «Wer weiss, wie das Urteil ausfällt, ist ein Prophet.» Der Gerichtsentscheid wird für heute erwartet.
SRF-Kulturredaktorin Ellinor Landmann zur Zukunft der Gurlitt-Sammlung:
«Wenn Bern die Sammlung bekommt, erhalten wir mehr Transparenz: Das Kunstmuseum würde die Gurlitt-Sammlung weiterhin in Deutschland untersuchen lassen, um die NS-Raubkunst unter den Bildern zu identifizieren und sie zurückzugeben. Zudem sollen die Bilder 2017 in Bonn und Bern ausgestellt werden. Falls Uta Werner und die Gurlitt-Familie die Bilder erben, ist das Vorgehen weit weniger klar: Laut Werner verläuft die Untersuchung zur Raubkunst viel zu langsam, sie will eine unbürokratischere Restitution der Raubkunst. Unklar wäre zudem, wer die Erforschung der Sammlung übernehmen würde, und ob und wann sie öffentlich ausgestellt würden.» |