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Gentest statt Versuch und Irrtum
Aus Puls vom 28.08.2017.
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Passende Antidepressiva finden Dank Gentest schneller zum Ziel?

Medikamente können Depressiven helfen – wenn sie darauf ansprechen. Ein neuer Test soll bei der Auswahl helfen.

Medikamente können das Leben depressiver Patienten wieder ins Lot bringen. Doch es gibt einige ungelöste Probleme. Zum Beispiel weiss man im Voraus nie, welche der zahlreichen Arzneien beim jeweiligen Patienten überhaupt nützt. Denn jeder reagiert anders auf die chemischen Stimmungsaufheller.

Welches Antidepressivum wird meinem Patienten helfen? Vor dieser Frage stehen Psychiater wie Thorsten Mikoteit täglich: «Die Behandlung ist zunächst ein Versuch-und-Irrtum-Spiel. Man wählt aus einer Gruppe von über 20 Medikamenten jenes aus, von dem man denkt, dass es am besten zum Patienten passt. In den meisten Fällen wird das aber nicht der Fall sein.»

Eine Ursache dafür kann im Gehirn liegen, konkret an der Blut-Hirn-Schranke, die bestimmt, wie viel von welchen Wirkstoffen aus dem Blut ins Gehirn gelangt. Der Filter ist genetisch bedingt von Mensch zu Mensch unterschiedlich durchlässig. Je nach Patient kommt also von bestimmten Antidepressiva mehr oder weniger im Gehirn an.

Wie es um die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke bestellt ist, lässt sich neuerdings mit einem Gen-Test voraussagen. Er gibt dem Psychiater darauf basierend eine Empfehlung, auf welches Medikament in welcher Dosierung er setzen soll.

Ob das Medikament dann aber auch die gewünschte Wirkung erzielt, kann der Test allerdings nicht voraussagen. Trotzdem versprechen die Anbieter, dass sich damit erfolglose Behandlungsversuche und unerwünschte Nebenwirkungen vermieden lassen.

So funktioniert der Gentest

Der am Max-Planck-Institut für Psychiatrie entwickelte Test untersucht die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke des Patienten auf bestimmte Substanzen.
Wie durchlässig die Blut-Hirn-Schranke für ein Antidepressivum ist, hängt vom P-Gylkoprotein und den Sequenzvarianten seines ABCB1-Gens ab. Der Test bestimmt, welche Genvariante vorliegt und gibt eine Empfehlung ab, welches Medikament in welcher Dosis bei dieser Person geeignet ist. Dafür wird lediglich etwas Blut benötigt, das in spezialisierten Labors molekulargenetisch untersucht wird.

Schweizer Fachgesellschaften als Vorreiter

Thorsten Mikoteit wendet den Gentest regelmässig an. Und zwei Schweizer Fachgesellschaften haben als internationale Vorreiter den Test prominent in ihre Behandlungsempfehlungen aufgenommen.

Das stösst auf Kritik. Zum Beispiel beim Psychiater Gregor Hasler, der darauf hinweist, dass eine Vielzahl von Genen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Medikaments hat: «Das ist ein riesiges Puzzle. Wenn man sich da auf ein einzelnes Puzzleteil konzentriert, besteht die Gefahr, dass man diese Information überschätzt oder sogar in die falsche Richtung therapiert.»

Gregor Hasler rät deshalb von der Verwendung des Gentests ab bei der mühsamen Suche nach dem richtigen Antidepressivum. Er versteht zwar das Bedürfnis, die Versuch-und-Irrtum-Phase zu verkürzen, glaubt aber nicht, dass die aktuell verfügbaren Tests dies erreichen. Er schliesst sich der Kritik eines internationalen Expertengremiums, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen an: Es fehle an robusten Studien, die zeigen, dass der Gentest tatsächlich zu einer besseren Behandlungen führt.

Test meist auf eigene Kosten

Das sieht Thorsten Mikoteit entschieden anders: «Die bisherigen Studien reichen, um zu sagen: Wir möchten unseren Patienten diesen Test, diese Information nicht vorenthalten.»

Fakt ist: Bisher wird der ABCB1-Gentest in der Schweiz erst bei wenigen Patienten eingesetzt, auch wenn er unter bestimmten Voraussetzung bereits von obligatorischen Krankenversicherung übernommen wird.

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