Viet Dang bezeichnet sich selber als Glückskind. Er konnte der Stimme seines Herzens folgen. Und sie hat ihn sicher geleitet: zum Tanz, in die Musik, auf die Bühne.
Doch Viet Dangs Start ins Leben ist schwierig. Nach dem Krieg tritt in Vietnam keine Enstpannung ein. Die Familie von Viet lebt in Furcht vor den kommunistischen Machthabern. Deshalb entschliesst sich die Familie 1978 zur Flucht.
Viets Eltern verlassen ihre Heimat mit drei Kleinkindern in Richtung Malaysia. Die Mutter ist mit Viet hochschwanger.
Das Schicksal ist der Familie von Viet Dang gnädig. Der Vater der jungen Familie ist Hochseekapitän. Sein Beruf wird zum Kapital für die Flucht.
Von Schleppern angeheuert, steuert der Vater ein kleines Holzboot von Vietnam nach Malaysia. Mit 146 Flüchtlingen an Bord. Darunter seine Frau, die drei Kleinkinder und drei Brüder. Das Boot ist komplett überladen. Hoher Wellengang macht dem Kutter zu schaffen. Zweimal reisst die Steuerkette. Einmal versagt der Motor. Nach zweieinhalb Tagen riskanter Fahrt erreichen die Bootsflüchtlinge das Festland. Aber hier hat niemand auf sie gewartet.
Geburt auf der Flüchtlingsinsel
Malaysia ist auf den Ansturm der Flüchtlinge nicht vorbereitet. Die Behörden bringen tausende Flüchtlinge in Lagern unter. Viele von ihnen schicken sie aber auch direkt in den sicheren Tod: zurück aufs offene Meer.
Die Familie von Viet Dang hat Glück und wird nach Pulau Bidong gebracht. Auf eine Felseninsel in Küstennähe. Die Insel wird weltweit zum Symbol des Flüchtlingsdramas. Die Behörden konzipierten das Camp für 4000 Flüchtlinge. Kein Jahr nach der Eröffnung leben 40'000 Menschen hier. Die Insel gilt als dichtbevölkertster Ort auf der ganzen Welt.
Auf Pulau Bidong kommt im Dezember 1978 schliesslich Viet zur Welt. Sein Name erinnert an die Heimat der Familie. Im Lager verbringt Viet auch sein erstes Lebensjahr. In einer kleinen Welt voller Entbehrungen.
Die Lebensverhältnisse im Camp sind prekär. Die Behausungen karg, kein fliessendes Wasser, keine sanitäre Einrichtungen, wenig Nahrung und minimalste medizinischer Versorgung. Viet stirbt beinahe an Durchfall.
Eigentlich müsste ich tot sein. Doch zum Erstaunen aller habe ich überlebt.
Mit viel Glück und dank der Unterstützung des medizinischen Personals auf der Insel überlebt der kleine Bub.
Ende 1979 nimmt die Schweiz die ganze Familie auf. Inklusive der drei Brüder des Vaters. In Basel leben die neun Personen erst in einem Flüchtlingszentrum, später in einer Dreizimmerwohnung. Der Vater arbeitet als Hilfskraft in einem Restaurant, dann als Zeitungsverträger. Ein fünftes Kind kommt zur Welt.
Die Familie bemüht sich um Integration. Kämpft sich durch allerlei Schwierigkeiten.
Der Vater erhält schliesslich eine Stelle bei der Rheinschifffahrt und kann seinen gelernten Beruf wieder ausüben. Auch die Kinder sollen die bestmögliche Ausbildung erhalten.
Der Choreograf und Hiphop-Tänzer
Ein Zufall steht schliesslich am Anfang von Viets Tanz-Karriere. Er übernimmt die Tanzstunden der Schwester, die sich verletzt hat. Seine Begabung fällt sofort auf. Bereits ein halbes Jahr nach seinen ersten Tanzschritten, er ist erst 16 Jahre alt, kann er an den Schweizer Meisterschaften teilnehmen. Seine Eltern sind alles andere als erfreut und stellen ihm ein Ultimatum. Wenn er nicht gewinne, müsse er mit dem Tanzen aufhören.
Jungs tanzen nicht. Entweder du gewinnst oder du musst mit dem Tanzen aufhören.
Viet Dang gewinnt und wird zum Schweizer Meister im Hiphop-Tanz gekürt.
Doch seine Eltern bestehen darauf, dass Viet eine gute Ausbildung abschliesst. In Basel besucht er das Gymnasium. Später studiert er Sozialpsychologie. Doch seine Leidenschaft gehört dem Tanzen. Dank Talent, Ehrgeiz und viel Ausdauer lebt und arbeitet Viet heute in Los Angeles als Tanzlehrer und Choreograf. Er tritt in Videoclips von Weltstars auf, steht neben ihnen auf Live-Bühnen. Erhält Engagements für Werbespots von Weltkonzernen.
Auch in der Schweiz hinterlässt Viet immer wieder Spuren. Sei es bei TV-Auftritten wie beispielsweise als Juror in der Tanzshow «Darf ich bitten?» von SRF oder als Choreograf des Videoclips von Zibbz. Die Geschwister vertreten die Schweiz beim diesjährigen European Song Contest in Lissabon.