Die «Powderbee» passt in jeden Rucksack. Im Lawinennotfall genügt ein Knopfdruck. Die Drohne erkennt das Signal des herkömmlichen Lawinenverschüttetensuchgeräts (LVS). Sie fliegt autonom und systematisch über den Lawinenkegel. Durch ihre Landung zeigt sie an, wo sich eine verschüttete Person unter dem Schnee befindet. Die Kameraden können direkt mit der Feinsuche beginnen und schneller zur eigentlichen Rettung übergehen.
Entwickelt aus Eigeninteresse
Die Erfinder der Drohne sind begeisterte Schneesportler. In Lawinenkursen lernten sie, wie die konventionelle Kameradenrettung funktioniert. Doch sie waren mit dem Gelernten nicht komplett zufrieden. «Wir zweifelten, ob wir das in einer Stresssituation alles hinkriegen würden. Da kam uns die Idee: Könnte man einen Teil davon nicht automatisieren?», erinnert sich Konstantin Kollar, Mitgründer des Startups.
Denn die Zeit ist im Notfall der grösste Feind. Die Chance, Verschüttete lebend zu bergen, nimmt nach 15 Minuten rapide ab.
Drei Jahre lang dauerte die Entwicklung des Prototyps. Einen ersten Erfolg konnte das Startup bereits einfliegen. An der grössten Sportartikelmesse Europas gewannen die Gründer den Preis für eine der vielversprechendsten Neuentwicklungen.
Chance und Skepsis
Mögliche Kunden der «Powderbee» sind Schneesportler, die sich abseits der Piste bewegen. Bei Teilnehmern eines Lawinenpräventionskurses in Davos stösst die Drohne zwar auf Interesse, aber auch auf Skepsis. Die Drohne sei eine gute Sache, sie könne Leben retten, meint etwa Teilnehmer Linus-Laurin Niedermann. Fabienne Fuhrmann schätzt es, dass in die Entwicklung neuer Produkte investiert wird. Ruedi Gamper befürchtet allerdings, dass sich Freerider mit einer Drohne im Rucksack in falscher Sicherheit wiegen.
Bergführer Stefan Bodenmann sieht das Potential, Verschüttete rasch zu orten. Das LVS müsse aber jeder trotzdem beherrschen. Beim Zeitgewinn bleibt er skeptisch: «Das Hauptproblem ist das Ausgraben des Verschütteten. Dort verliere ich am meisten Zeit.»
Drohnen für professionelle Bergrettung
Sicherheitsexperte Ueli Mosimann erfasst die Notfallstatistiken für den Schweizer Alpen-Club SAC. Er bezweifelt, dass Drohnen bald zur Standardausrüstung von Skitourengängern gehören. Es sei ein zusätzliches, empfindliches, technisches Gerät, das man auf den Berg tragen müsste. Dennoch sieht er in der Entwicklung ein grosses Potential: «Für die professionelle Bergrettung ist das sicher das Ding der Zukunft. Die Drohne ist präzis und kann die Suche um einige Minuten verkürzen.»
Zu kaufen gibt es die «Powderbee» noch nicht. Für die serienmässige Herstellung fehlt ein Investor. Die Entwickler hoffen, dass sie übernächste Wintersaison in den Handel kommt. Gleichzeitig tüfteln sie weiter. Ihr Traum: Eine Drohne, die noch während des Lawinenniedergangs aus dem Rucksack katapultiert wird und das Signal des Schneesportlers direkt verfolgt. Trotz aller Euphorie aber warnt Mitgründer Kollar: «Der Grundsatz bleibt trotz Drohne bestehen. Die sicherste Abfahrt ist die, bei der keine Lawine kommt.»