Zum Inhalt springen

Komplikationen nach Impfung Sollten Allergiker auf eine Corona-Impfung verzichten?

Was ist passiert? Seit Dienstag wird die britische Bevölkerung gegen das Coronavirus geimpft. Das Mittel von Biontech und Pfizer hat bei zwei Mitarbeitern des nationalen Gesundheitsdiensts (NHS) eine allergische Reaktion ausgelöst. Die britische Arzneimittelaufsicht empfiehlt nun, «niemanden zu impfen, der in der Vergangenheit eine anaphylaktische Reaktion auf Impfstoffe, Arzneimittel oder Lebensmittel hatte». Das sind plötzliche und heftige Reaktionen wie Hautausschlag, Atemnot und Übelkeit.

Wie wurden die Komplikationen publik? «Dass der Vorfall so schnell bekannt wurde und Untersuchungen ausgelöst hat, zeigt, dass die Behörden bei dieser Massenimpfung genau hinschauen», sagt SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler. Allergische Reaktionen nach Impfungen sind indes nichts Ungewöhnliches. Diese enthalten neben dem eigentlichen Wirkstoff einige andere Stoffe, etwa solche, die diesen stabilisieren. «Es kann immer sein, dass manche Menschen auf einen dieser Stoffe allergisch reagieren.»

Treten allergische Reaktionen oft auf? Bei häufigen Inhaltsstoffen von Impfungen sind mögliche Komplikationen bekannt. Bei Menschen, die zu schweren allergischen Reaktionen neigen, ist Vorsicht angezeigt. Aus grossen Studien mit Millionen von Geimpften weiss man, dass unerwartete schwere allergische Reaktionen auftreten können. «Das ist aber sehr selten und geschieht etwa in einem von 100'000 oder eher einem von einer Million Fällen», erklärt Häusler.

Wie geht es den Betroffenen? Genauere Informationen, wie die beiden Betroffenen konkret auf den Impfstoff reagiert haben, wurden nicht veröffentlicht. NHS-Chef Stephen Powis erklärte vor dem Parlamentsausschuss in London, beide Personen würden sich gut erholen. Sie hatten offenbar eine Veranlagung für schwere allergische Reaktionen und ein Notfallset dabei. Was zu den Komplikationen geführt hat, wird untersucht.

Sollten schwere Allergiker auf die Impfung verzichten? Diesen Schluss kann man nicht generell ziehen. Die Empfehlung der britischen Aufsichtsbehörde, sich vorderhand nicht mit dem Mittel von Pfizer/Biontech impfen zu lassen, gilt nur für Menschen mit bekannten anaphylaktischen Reaktionen. «Ob es später Entwarnung gibt, weiss man noch nicht», so Häusler. Der Vorteil sei, dass sehr verschiedene Corona-Impfstoffe entwickelt wurden. Wer also den Impfstoff von Pfizer/Biontech womöglich nicht gut verträgt, kann auf andere Impfstoffe ausweichen.

Waren die klinischen Studien mangelhaft? Pfizer/Biontech haben den Impfstoff an 44'000 Personen getestet. Unter ihnen war kein Studienteilnehmer, der Impfstoffe nicht gut verträgt. Das sei keineswegs fahrlässig, sagt Häusler. «Es ist üblich, dass Personen mit einer schweren Allergie gegen die Stoffe ausgeschlossen werden, die man testet – etwa die Zusatzstoffe in einem Medikament.» Menschen, die gewisse Stoffe nicht vertragen, wird ein Impfstoff auch nach der Zulassung nicht verabreicht. Oder erst nach sorgfältiger Abklärung der Risiken.

Warum wurde der Impfstoff nicht breiter getestet? Grundsätzlich sei Vorsicht bei klinischen Studien wichtig, sagt Häusler. «Man testet am Anfang zum Beispiel auch nicht bei Schwangeren oder Kindern, je nachdem werden auch weitere Risikogruppen ausgeschlossen.» Insgesamt seien damit die Teilnehmer einer klinischen Studie etwas gesünder als die Gesamtbevölkerung. Dies sei den Behörden aber bekannt und deswegen werde nach der Einführung auch sehr genau hingeschaut – wie nun eben in Grossbritannien.

SRF 4 News, 10.12.2020, 10:20 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel