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#metoo-Debatte Die Vorwürfe nehmen kein Ende

Täglich werden in Politik und Showbiz neue Belästigungs-Anschuldigungen laut. Eine Chronologie seit dem Weinstein-Skandal.

  • Zehntausende haben bereits unter dem Hashtag #metoo über ihre Erlebnisse mit sexueller Gewalt berichtet.
  • Der Skandal um Hollywood-Mogul Harvey Weinstein machte den Anfang, mittlerweile werden fast täglich neue Anklagen erhoben. Und die machen auch vor Politikern und Stars aus dem Showbiz nicht Halt.
  • In Firmen und Vorständen rollen Köpfe, Film- und Fernsehprojekte werden gestoppt, Polizei und Staatsanwälte ermitteln.

Harvey Weinstein: Der Skandal, aufgedeckt durch die New York Times, begann in Hollywood und entwickelte sich zu einer weltweiten Debatte um sexuelle Gewalt. Weinstein ist längst zu einem Überbegriff geworden für mächtige Männer, die ihre Position ausnützen. Dem Produzenten wird vorgeworfen, mehrere Frauen sexuell belästigt, sogar vergewaltigt zu haben. Darunter die italienische Schauspielerin Asia Argento. Sie veröffentlichte vor kurzem eine detaillierte Liste mit über 100 Frauen, die schildern, wie sie von Weinstein belästigt wurden. 18 davon werfen ihm Vergewaltigung vor. Die Vorfälle gehen bis in die 80er-Jahre zurück und seien in der Branche lange ein offenes Geheimnis gewesen. Regelmässig werden neue Details um den Weinstein-Fall bekannt. Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles hat bereits eine eigene Task Force gegründet, um die Fälle zu untersuchen. Auch Scotland Yard hat Ermittlungen aufgenommen. Weinstein wurde von seiner Firma gefeuert und unter anderem von der Oscar-Akademie ausgeschlossen. Der Produzent ist seit den Vorwürfen abgetaucht.

Kevin Spacey: Spacey wird beschuldigt, in den 80er-Jahren zwei Schauspieler sexuell belästigt zu haben. Der 58-Jährige outete sich kurz darauf als schwul und will therapeutische Hilfe suchen. Mittlerweile haben auch 20 Mitarbeiter des Londoner Theaters «Old Vic» Vorwürfe gegen Spacey erhoben. 2004 bis 2015 hatte der «House of Cards»-Star die künstlerische Leitung des Theaters.

Roman Polanski: Ende September wurden bereits zum vierten Mal Anschuldigungen gegen den Star-Regisseur laut: Die deutsche Schauspielerin Renate Langer zeigte Polanski wegen Vergewaltigung an. Da die mutmassliche Tat sich jedoch im Jahr 1972 ereignete und damit verjährt ist, ermittelt die Polizei nicht.

Dustin Hoffman: Eine US-Autorin schrieb im «The Hollywood Reporter», Dustin Hoffman habe sie 1985 als 17-jährige Praktikantin am Set um eine Massage gebeten, ihr an den Po gegriffen und sie mit anzüglichen Bemerkungen bedrängt. In einer Stellungnahme entschuldigte sich der Oscar-Preisträger.

Steven Seagal: Zwei Frauen werfen dem Action-Star Missbrauch vor. Er bestreitet die Vorwürfe.

Matthew Weiner: Dem Schöpfer der Serie «Mad Men» wird von einer Frau beschuldigt, sie belästigt zu haben. Er dementiert den Vorwurf.

Jeffrey Tambor: Zwei Frauen haben dem US-Schauspieler sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen. Er weist die Vorwürfe zurück.

Brett Ratner: Sechs Frauen, darunter die Schauspielerin Olivia Munn, werfen Brett Ratner in Interviews mit der «Los Angeles Times» sexuelle Übergriffe vor, die teilweise in die 1990er Jahre zurückgehen. Der «Rush Hour»-Regisseur weist die Vorwürfe über seinen Anwalt kategorisch zurück. Doch sein geplantes Regieprojekt über den kürzlich verstorbenen «Playboy»-Gründer Hugh Hefner liegt nun auf Eis.

Louis CK: Fünf Frauen werfen dem US-amerikanischen Comedian Louis C.K. sexuelle Belästigung vor. Er habe sich vor ihnen ausgezogen und masturbiert. Der Komiker gab daraufhin in einem Statement zu, dass die Geschichten wahr sind. Er entschuldigte sich dafür und räumte ein, dass er seine Macht missbraucht habe und steht nun ohne seinen Kabelsender FX Networks da.

Peter Pilz: Der prominente österreichische Grünen-Politiker Pilz hatte einem Zeitungsbericht zufolge beim Europäischen Forum Alpbach 2013 eine junge Frau sexuell belästigt. Pilz liess verlauten, sich nicht an den Vorfall erinnern zu können, trat daraufhin aber von seinem politischen Amt zurück.

Al Franken: Der US-Senator wurde dabei fotografiert, wie er eine Frau begrapscht, während sie schläft. Zudem beschuldigt eine Frau ihn, sie 2006 gegen ihren Willen geküsst zu haben. Franken entschuldigte sich für sein Verhalten. Politiker fordern nun eine Untersuchung.

Roy Moore: Dem republikanischen Senatskandidaten Roy Moore aus Alabama werfen mehrere Frauen vor, ihnen vor Jahrzehnten nachgestellt zu haben. Moore wies die Vorwürfe zurück und weigert sich trotz öffentlichem Druck, seine Kandidatur aufzugeben.

Michael Fallon: In Grossbritannien kursiert zurzeit eine ganze Liste mit Namen von Politikern, denen Fehlverhalten gegenüber Frauen vorgeworfen wird. Michael Fallon, ein langjähriger Unterstützer der britischen Premierministerin Theresa May, ist aufgrund der Vorwürfe als britischer Verteidigungsminister zurückgetreten.

Ed Westwick: Zwei Frauen behaupten, der «Gossip Girl»-Darsteller habe sie missbraucht. Er bestreitet die Vorwürfe. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Sepp Blatter: Die US-Torhüterin Hope Solo hat Blatter der sexuellen Belästigung beschuldigt. Blatter habe ihr bei der Verleihung des Ballon d’Or im Januar 2013 in Zürich an den Po gefasst. Blatter bestreitet den Vorfall.

Sylvester Stallone: Der 71-jährige Hollywoodstar hat die Vorwürfe eines sexuellen Übergriffs auf eine 16-Jährige zurückgewiesen. Der Vorfall soll 1986 in Las Vegas erfolgt sein. «Dies ist eine lächerliche, kategorisch falsche Geschichte», teilte Stallones Sprecherin mit.

Charlie Rose: Acht Kolleginnen werfen dem US-Talkmaster Charlie Rose vor, sie unsittlich berührt und mit Telefonanrufen belästigt zu haben. Der Moderator sagte in einem Statement, er habe sich zeitweise taktlos verhalten und übernehme dafür Verantwortung.

Bill Clinton: Sexskandale um den ehemaligen US-Präsidenten sind nicht neu. Doch die #metoo-Debatte macht Clinton erneut zur Zielscheibe. Mehrere Frauen haben Clinton sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Die Vorfälle sollen während seiner Zeit als Generalstaatsanwalt oder Gouverneur von Arkansas passiert sein.

Donald Trump: Dass der US-Präsident vor seinem Amt ein eigenes Verständnis vom Umgang mit Frauen hatte, war schon im Wahlkampf ein Thema. Dies gipfelte in seiner Aussage aus dem Jahr 2005, als Promi könne man sich alles erlauben. Mehr als ein Dutzend Frauen beschuldigen ihn des sexuellen Fehlverhaltens in der Vergangenheit. Seit den Skandalen um Al Franken und Roy Moore wird Trump wieder schärfer beobachtet.

Männer-Experte Markus Theunert über #metoo

Immer mehr Frauen berichten von sexuellen Übergriffen. Löst das bei Männern Selbstkritik aus?
Ja, erstaunlich viel. Es gibt eine wachsende Zahl von Männern, die sich kritisch hinterfragen und sich die Frage stellen, wo der Übergriff überhaupt beginnt. Die #metoo-Debatte hat eine effektive Sensibilisierung ausgelöst.
Wie sehen die Rollenbilder aus, die sexuellen Missbrauch befördern?
Es mag abgedroschen klingen, aber männliche Sozialisation besteht immer noch darin, alle schwachen Gefühle abzuschalten. Der Spruch des Indianers, der keinen Schmerz kennt. Da hat sich nicht viel geändert. Das sieht man schön auf dem Pausenplatz: Jungs haben sich auf jeden Fall männlich zu verhalten. Bei Schwäche bist du entweder ein Mädchen, oder du bist schwul. Sensibilitäten finden da keinen Platz.
Harvey Weinstein ist eine Grösse in der Filmbranche, an der man nicht ohne weiteres vorbeikommt. Missbrauchen Menschen Macht unterschiedlich?
Ich würde davor warnen, einen Unterschied zu sehen. Macht hat kein Geschlecht. Aber in unserer Gesellschaft haben mehr Männer Macht, also besteht der Unterschied in der grösseren Wahrscheinlichkeit, dass jemand in eine Machtposition gelangt und diese Macht missbrauchen kann.
Was muss sich in unserer Gesellschaft ändern, damit sexuelle Gewalt aufhört?
Das Benennen und Sichtbarmachen ist sicher ein guter Anfang. Aber nur ein Anfang. Buben-, Männer- und Väterarbeit ist eine Prävention von Gewalt und Übergriffen. Ein erweitertes Männerbild ist die beste Prävention. Es muss ganz normal werden, dass Männer Sorge tragen zu sich und anderen, dass sie Betreuungsarbeit leisten, dass unbezahlte Arbeit hälftig geteilt wird. Wir können sexuelle Gewalt nur dann beenden, wenn wir egalitäre Rollen- und Familienmodelle zur Normalität machen. Und dafür braucht es entsprechende Rahmenbedingungen.

Das Gespräch führte Katrin Becker am 3.11.2017

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