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US-Forscher ersetzen defektes Gen
Aus Rendez-vous vom 03.08.2017. Bild: Keystone
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Reparatur am Embryo Mit der Genschere zum Designer-Baby?

Gut geschnippelt, aber ethisch umstritten: Forscher haben erstmals ein krankmachendes Gen aus einem Embryo entfernt.

SRF News: Wie ist es den Forschern gelungen, das Gen zu ersetzen?

SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis: Die Forscher haben in einer ganz frühen Phase eingegriffen, nämlich kurz nach der Befruchtung der Eizelle. Die angewandte CRISPR-Methode kann man sich als Schere mit einer starken Lupe vorstellen. Damit wird ganz gezielt ein bestimmtes Gen gesucht, herausgeschnitten und durch ein anderes Gen ersetzt. Im vorliegenden Fall wurde ein Gen ersetzt, dass im defekten Zustand eine Herzmuskelschwäche auslöst.

Funktioniert die Methode nur in dieser Frühphase?

Bei diesen Experimenten ist das so. Man muss sofort nach der Befruchtung eingreifen, wo eben erst eine Zelle vorhanden ist. Ziel ist es ja, dass sich das ersetzte Gen fortan im wachsenden Leben ausbreitet beziehungsweise später in jeder einzelnen Zelle vorhanden ist. Bei Erwachsenen wäre das unmöglich, denn es könnte bestenfalls in einzelnen Zellen noch etwas verändert werden.

Embryo nach der Co-Injektion eines gen-korrigierenden Enzyms mit Sperma eines herzkranken Spenders.
Legende: Embryo nach der Co-Injektion eines gen-korrigierenden Enzyms mit Sperma eines herzkranken Spenders. Keystone

Das Verfahren wirft ethische Fragen auf. Bei welchen Krankheiten könnte die Technik dereinst zur Anwendung kommen?

Bei der erwähnten Herzmuskelschwäche, aber auch bei den sogenannten BRCA-Genen, die auch als Brustkrebsgene bezeichnet werden. Denn sind diese defekt, können sie das Risiko einer Brustkrebserkrankung stark erhöhen. Würde man diese Gene bereits im Embryo reparieren, wäre das Risiko bei der erwachsenen Person ausgeschaltet.

Was erhofft sich die Medizin von diesem Versuch?

Gewisse Krankheiten könnten so im Prinzip vermieden werden, wenn man sie bereits im Embryo heilt. Allerdings funktioniert das so einfach nur bei wenigen Krankheiten oder Risiken. Zu viele Vorgänge im menschlichen Körper sind noch unerforscht. Ursache und Wirkung von Gendefekten sind oft sehr komplex und werden meist über zahlreiche Zwischenschritte nach aussen überhaupt erst sichtbar. Die medizinischen Möglichkeiten dieser Embryo-Technik sind deshalb noch kaum abzuschätzen.

Warum wird zurzeit an menschlichen Embryonen so intensiv geforscht?

Die Technik erlebt tatsächlich einen wahren Boom. Das kommt daher, dass die CRISPR-Technik erst vor wenigen Jahren erfunden wurde und damit ziemlich neu ist. Jetzt werden die Möglichkeiten ausgelotet. Es ist sozusagen ein Klassiker für die Grundlagenforschung.

Es gibt aber auch kaum umstrittene Experimente und bereits medizinische Fortschritte in der Krebsbehandlung, wo in Kürze eine neue Methode bei Blutkrebs auf dem Markt kommt. Die CRISPR-Technik ist stark im Fluss und wird uns noch lange begleiten.

Was ist das Heikle an solchen genetischen Eingriffen? Menschen nach Mass?

Ja. Braune oder blaue Augen oder vielleicht ein bisschen mehr Muskeln? Solche Fragen könnten werdenden Eltern tatsächlich dereinst in Fruchtbarkeitskliniken gestellt werden. Aber das wären noch die harmlosen Auswirkungen solcher Designer-Baby-Möglichkeiten. Bei Krankheiten wird es rasch kritischer. Ein denkbares Szenario: Ein Mensch im Erwachsenenalter wird aufgrund eines Gendefektes krank und eine Versicherung verweigert Zahlungen mit dem Argument, er hätte als Embryo genetisch behandelt werden müssen.

Ob die Behandlung von Embryonen eine Zukunft hat, wird sich noch zeigen müssen. Denn es könnte sich als ethisch zu heikel erweisen. CRISPR hat aber sicher eine grosse Zukunft in der Medizin, etwa in der Krebsbehandlung am Körper von Erwachsenen.

Mehr Einzelheiten zur Gen-Reparatur am Embryo in den USA

Mehr Einzelheiten zur Gen-Reparatur am Embryo in den USA
Die Arbeit an der Oregon Health and Science University wurde Mitte Woche in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht. Die Forscher aus den USA, China und Südkorea nahmen die Eizellen von gesunden Frauen und befruchteten sie mit dem Sperma eines Mannes mit dem Gendefekt, der für eine erbliche Herzkrankheit verantwortlich ist. Mit der Genschere CRISPR-Cas9 entfernten sie das defekte Gen und ersetzten es durch einen fehlerfreien DNA-Abschnitt. Bei 72 Prozent der Embryonen konnte der Fehler entfernt werden. Die bei der Studie verwendeten Embryonen wurden für reine Forschungszwecke genutzt. Man liess sie nur einige Tage lang im Labor wachsen.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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