Die Supermacht USA, unterwandert von einer geheimen Elite aus Politik, Wirtschaft und Showbusiness: Die QAnon-Bewegung verbreitet ebendiese Behauptung. Und unterstellt den Strippenziehern im «Deep State» gar satanistische Praktiken. In unterirdischen Kerkern sollen sie Kinder foltern und deren Blut trinken, um sich zu verjüngen.
Viele QAnon-Botschaften haben antisemitischen und rechtsradikalen Charakter. Erklärtes Feindbild sind etwa die früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama sowie der jüdische Milliardär George Soros.
So weit, so krud. Doch auch in Europa verbreitet sich das Gedankengut in sozialen Medien. Oft werden dabei Bezüge zu vermeintlichen pädophilen Netzwerken hergestellt, in die die lokale Machtelite verstrickt sein soll.
Nun greift Facebook durch: Wie der Social-Media-Riese mitteilt, sollen künftig alle Facebook-Seiten und -Gruppen sowie alle Instagram-Konten mit Verbindungen zu QAnon entfernt werden, «selbst wenn sie keinen gewalttätigen Inhalt haben».
Das lässt aufhorchen. Denn Facebook schreibt sich seit jeher Meinungsfreiheit auf die Fahne. Warum reagiert der Konzern bei QAnon jetzt so rigoros? SRF-Digitalredaktor Peter Buchmann vermutet zwei Gründe hinter dem Vorgehen: «Teils wird QAnon als terroristische Organisation eingestuft. Es gibt Anhänger, die Gewalt androhen oder angewendet haben.»
Und: Die Bewegung habe sich innerhalb eines Jahres von einem Randphänomen fast schon zu einem Massenphänomen entwickelt. Die Coronakrise dürfte massgeblichen Anteil daran haben. «Denn QAnon verbreitet nun auch abstruse Theorien zur Pandemie», so der Digitalredaktor.
Auch im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahlen hat Facebook eingesehen, dass Massnahmen notwendig sind.
Bereits im August hatte Facebook rund 800 Gruppen, 100 Seiten und 1500 Anzeigen mit Verbindungen zu QAnon aus seinem Netzwerk entfernt. Für 2000 Facebook-Gruppen wurden zudem Restriktionen verhängt, um die Reichweite von QAnon-Inhalten einzuschränken.
Für Facebook sei es zwar mit enormem Aufwand verbunden, die zweifelhaften Inhalte zu beseitigen, gibt Buchmann zu bedenken. Aber: «Auch im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahlen hat Facebook eingesehen, dass Massnahmen notwendig sind.»
Der Kurznachrichtendienst Twitter hat ebenfalls Massnahmen ergriffen und tausende QAnon-Konten gelöscht. Auch das soziale Netzwerk Reddit hat sehr früh reagiert und damit verhindert, dass sich das Gedankengut auf der Plattform ausbreitet.
Andere Hashtags, gleicher Inhalt?
Die Bewegung ganz aus dem Netz zu verbannen, dürfte aber illusorisch sein: QAnon könne auf soziale Plattformen ausweichen, die ein radikales politisches Spektrum beheimaten, sagt Buchmann. Eine Alternative wäre das soziale Netzwerk Parlor, oft verglichen mit Twitter. Das Problem dabei: In die Mitte der Gesellschaft dringt man damit nicht vor.
Schliesslich könnte die Anhängerschaft versuchen, unter dem Radar von Facebook zu bleiben, indem sie andere Hashtags und Ausdrücke verwendet. Doch auch dies dürfte schwierig sein, schliesst Buchmann: «Facebook verfügt über eine Datenspur, die diese Aktivisten in den letzten Jahren hinterlassen haben.» Wenn das soziale Netzwerk dieses Wissen ausnutze, könne es die Verbreitung der Theorien zumindest bremsen.