Für den diesjährigen Super-Bowl-Abend in den USA hat Mercedes einen aufwändigen Werbespot produzieren lassen. Der Autohersteller zeigt, wie schön ein Leben ist, in dem man sprechend alles Mögliche befehlen kann – auch seinem Auto.
Dieser Traum ist älter als die Maus oder der Touchscreen. In Science Fiction Filmen wie «Space Odyssey 2001» oder «Star Trek» unterhalten sich die Protagonisten ganz selbstverständlich mit ihren Computern.
Seit ein paar Jahren bieten Amazon, Google und Apple Smart Speaker für das eigene Heim an. Die Geräte verstehen Sprache, reagieren auf Befehle und Fragen. Sie können Musik abspielen oder den aktuellen Wetterbericht vorlesen.
Kulturelle Unterschiede
In den USA verkaufen sich Smart Speaker gut: Die Zahl der Geräte hat 2018 um 78 Prozent auf 118 Millionen Geräte zugenommen. Spracheingabe gilt als die Technologie, die sich am schnellsten verbreitet.
Doch Europa ist nicht Amerika: «Die Menschen in Europa haben Bedenken. Sie wollen kein Gerät in der Wohnung, das ihnen dauernd zuhört und sehen nicht, was man damit machen kann», sagt Karen Kaushansky.
Die amerikanisch-kanadische Doppelbürgerin wohnt in der Schweiz, entwirft Geräte und arbeitet seit zwei Jahrzehnten auch mit Spracheingabe – für namhafte Hersteller von Smart Speakern.
Dass es zwischen Europa und den USA grosse Unterschiede gibt, bestätigt indirekt auch Andreas Sonderegger, der sich an der EPFL in Lausanne wissenschaftlich mit dem Nutzen von Spracheingabe beschäftigt: Aus Datenschutzgründen und weil er ihre Nützlichkeit anzweifelt, will er keinen Smart Speaker nutzen. Der Wissenschaftler ist dennoch der Meinung, dass Spracheingabe in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.
Vereinfacht den Alltag
Anders Karen Kaushansky. Sie ist überzeugt, dass die Geräte das Leben ihrer Familie vereinfachen – etwa, wenn sie beim Kochen merkt, dass die Eier ausgehen: Statt alles liegen zu lassen und nach Papier und Bleistift zu suchen, sagt sie dem Smart Speaker, er solle dem Einkaufszettel einen neuen Eintrag hinzufügen.
Die Sprache als Eingabemedium hat Vorteile. Bei einfachen Texten geht Sprechen schneller als Tippen, beim Sprechen hat man direkten Zugriff auf einen Befehl. Anders bei Maus und Bildschirm, wo man sich zuerst mühsam durch ein hierarchisches Menü durchangeln muss.
Sprache ist nicht das Allerheilmittel
Bei der Ausgabe verhält es sich umgekehrt: Mit einem Bildschirm hat man in wenigen Sekunden den Überblick über die Suchresultate, der Lautsprecher kann nur die wichtigsten Einträge vorlesen.
Damit gewinnen die Betreiber solcher Geräte an Macht. Noch mehr als heute, bestimmen sie, was wichtig ist. Studien zeigen, dass Kunden, die über den Amazon Smart Speaker nach einem Produkt suchen, meistens das bestellen, was Amazon vorschlägt.
Karen Kauschansky ist sich bewusst, das der Einsatz von Sprache nicht immer sinnvoll ist. Sie weist darauf hin, dass bereits heute Smart Speaker erhältlich sind, die mit einem Bildschirm ausgerüstet sind.
Für Andreas Sonderegger steht der Einsatz von Sprache noch ganz am Anfang: Designer von Nutzungskonzepten müssen nach neuen Wegen suchen, wie man über Sprache Geräte optimal steuern kann. Und die Nutzer müssen sich erst an diese neue Welt gewöhnen.
Maus und Touchscreen werden also kaum ganz verschwinden. Der Science Fiction Traum von einer Welt ohne solche Eingabegeräte stammt aus einer Zeit, wo es diese Geräte noch gar nicht gab.