Die Zahlen überraschen kaum: Angesichts von Terror und Unsicherheit sehen viele Schweizer in diesem Sommer von Reisen an einst beliebte Ziele wie Ägypten, Tunesien oder in die Türkei ab.
Einbrüche im zweistelligen Bereich
Die Buchungen in alle drei Länder seien im «zweistelligen Bereich» eingebrochen, heisst es fast unisono bei den grossen Schweizer Reiseveranstaltern Kuoni, Hotelplan und Tui Schweiz. «Der Buchungstrend geht klar in Richtung Westen», so Marcel Schlatter, Sprecher von Kuoni. Ein Trend, der sich bereits zu Jahresbeginn so abgezeichnet habe.
Bei allen drei grossen Schweizer Anbietern führt die Balearen-Insel Mallorca die Buchungsstatistik an. Auch die Kanarischen Inseln, Zypern und griechische Inseln wie Kreta und Rhodos sind gefragt. Kuoni verzeichnet zudem zweistellige Zuwachsraten für Italien und Portugal, Hotelplan registriert eine wachsende Nachfrage nach Kroatien-Reisen. «Die Zahlen haben sich verdreifacht», sagt Sprecherin Michèle Hungerbühler.
Gefragte Ziele bei Schweizer Reiseveranstaltern im Sommer 2016
Kuoni | Tui Schweiz | Hotelplan |
---|---|---|
Balearen | Mallorca | Mallorca |
Kanaren | Kreta | Kreta |
Italien | Südtürkei | Zypern |
Portugal | Kos | Europa-Park |
Kreta | Fuerteventura | Gran Canaria |
Ausnahmen aber gibt es: Bei Tui Schweiz etwa liegt die Südtürkei auch in diesem Sommer auf Platz drei der beliebtesten Badeferiendestinationen. Und: Es gibt sie, die Reisenden, die sich vom Terror nicht abschrecken lassen. «Vor allem in der Westschweiz haben wir einen Kreis von Stammkunden, die weiterhin nach Tunesien reisen», sagt Michèle Hungerbühler von Hotelplan. Ähnliches bestätigt Bianca Schmidt, Sprecherin von Tui Schweiz, für das Rote Meer in Ägypten. «Es gilt: Stammkunden buchen auch weiterhin.»
Ferien auf dem Balkon? – Eher nein
Überhaupt: Dass die Menschen aus Angst vor dem Terror den Sommer lieber im heimischen Garten als auf Reisen verbringen, ist nicht anzunehmen.
Andere Rahmenbedingungen hätten sich schliesslich nicht geändert, sagt Jürg Stettler, Professor am Institut für Tourismuswirtschaft an der Hochschule Luzern. «Die Wirtschaftslage ist unverändert, die Aussichten ebenfalls. Es gibt also keine offensichtlichen Gründe, warum die Menschen nicht verreisen sollten.» Sie würden stattdessen ihre Reiseziele anpassen. «Vereinfacht gesagt buchen sie Badeferien dann eher in Griechenland als in der Türkei», bestätigt der Tourismusexperte die Buchungseingänge der Reiseveranstalter.

Was letztere in diesem Jahr ausserdem feststellen, ist ein Trend hin zu kurzfristigen Buchungen – auch das wohl eine Folge wachsender Unsicherheit. «Ging man früher von einer Vorlaufzeit von rund drei Monaten aus, ist das heute eher ein Monat», sagt Tui-Sprecherin Bianca Schmidt. Ähnlich tönt es bei Hotelplan.
Umgekehrt nehmen die Veranstalter eine kleine Renaissance des klassischen Reisebüros wahr. «Wir stellen fest, dass gerade Familien wieder häufiger kommen und sich länger als früher beraten lassen.»
Der Reisende vergisst auch wieder
Und wohin geht die Reise in Zukunft? Die grossen Reiseveranstalter haben ihre Programme für die kommende Wintersaison geschrieben. Hotelplan etwa hat die Kontingente für die Kanarischen Inseln ausgebaut. Neu sind auch die Kapverdischen Inseln im Angebot – ein Reiseziel, das unter Tauchern schon lange als Geheimtipp gilt und zudem als sicheres Reiseland gilt.
Die Anbieter führen aber weiterhin auch Ziele wie Tunesien, die Türkei und Ägypten in ihren Angeboten. Und so lange dies der Fall sei, würden sie in der Regel auch gebucht, sagt Tourismusexperte Jürg Stettler. «Grundsätzlich kann man sagen, dass Einzelereignisse auch relativ schnell wieder vergessen werden. Sie führen zudem oft zu Preisverschiebungen: Reisen in die Türkei etwa sind derzeit sehr günstig und kurzfristig zu haben.» Dies, so Stettler, werde erfahrungsgemäss die Nachfrage wieder erhöhen.
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