Wie mutig sind die Schweizerinnen und Schweizer und was bedeutet für sie überhaupt Mut? Diesen Fragen ging eine Studie des Forschungsinstituts Sotomo unter der Leitung von Michael Hermann nach, die es in diesem Ausmass so noch nie gegeben hat: Fast 13'000 Erwachsene im Alter von 18 bis 70 Jahren wurden online befragt. Entstanden ist ein vielfältiges Mut-Porträt der Schweiz.
SRF News: Wie mutig schätzen sich Schweizerinnen und Schweizer ein?
Michael Hermann: Ganz grundsätzlich schätzt sich die grosse Mehrheit als mutig ein. Das gilt insbesondere im Bereich des Arbeitslebens aber auch des Strassenverkehrs, im Sport und im Outdoor-Bereich sowie in Beziehungen. Da sehen sie sich als mutig. Weniger mutig sind die Schweizerinnen und Schweizer – zumindest gemäss Selbsteinschätzung – in der Frage des Kleidungsstils, bei Glücksspielen und bei Finanzanlagen. Da kommt dann eher die schweizerische Vorsicht zum Ausdruck.
Sind die Schweizerinnen und Schweizer zufrieden damit, oder möchten sie gerne mutiger sein?
Zunächst mal sagen sie selber von sich, dass sie weniger mutig sind als die Menschen in den Nachbarländern und sie sagen aber auch, dass sie gerne in den meisten Bereichen – abgesehen im Strassenverkehr – lieber gerne mutiger wären.
Beispielsweise wurde erstaunlich häufig alleine Reisen als etwas besonders Mutiges aus Sicht der Frauen angesehen.
Wenn wir jetzt etwas genauer hinschauen: Gibt es markante Unterschiede zwischen Frauen und Männern?
Der Begriff von Mut unterscheidet sich nicht extrem zwischen Frauen und Männern. Da ist es eher eine Frage des Alters. Junge Menschen, die sehen eher das Wagnis als Teil des Muts. Und bei den Älteren geht es eher darum Verantwortung zu übernehmen. Bei den Geschlechtern zeigen sich aber Unterschiede, wenn man konkrete Taten abfragt. Wir haben die Leute konkret gefragt, was in ihrem Leben besonders viel Mut gebraucht hat. Und da zeigen sich doch deutliche Unterschiede. Bei den Männern sind es häufig berufliche Dinge oder die Heirat, also das Eingehen einer Beziehung, das mit Mut verbunden ist. Bei den Frauen dagegen ist es viel häufiger die Trennung, die Scheidung oder sonst etwas, das mit Emanzipation zu tun hat. Beispielsweise wurde erstaunlich häufig alleine Reisen als etwas besonders Mutiges aus Sicht der Frauen angesehen.
Und wie sieht es bei den sprachregionalen Unterschieden aus?
Da fällt vor allem auf, dass in der Deutschschweiz das Bild des körperlichen Risikos, des Wagnisses eher im Vordergrund steht. In anderen Sprachregionen wie in der Romandie und im Tessin ist das eher weniger bedeutsam. Wir haben auch nach den Berufen gefragt, die man als besonders mutig einschätzt, also wo man selber viel Mut haben müsste, wenn man diese Berufe ausübt. Und da war beispielsweise der Feuerwehrmann, der im Tessin häufig genannt wurde. In der Deutschschweiz und in der Romandie war das eher der Bergführer, der Notarzt oder die Notärztin. Aber auch das Hinstehen vor einer Kamera war etwas, das offenbar den Deutschschweizern eher Mut abverlangt als in den anderen Sprachregionen.
Kann man Schlüsse ziehen, in welcher Sprachregion die mutigsten Schweizerinnen und Schweizer leben?
Die Selbsteinschätzung ist relativ ausgeglichen. Was aber auffällig ist, zeigt sich im Vergleich zu den Nachbarländern: Da schätzen sich insbesondere die Deutschschweizer als weniger mutig ein. Das hängt vielleicht auch mit der konkreten Situation bei den Nachbarländern zusammen. Aber das zeigt schon ein bisschen, dass das Bild der vorsichtigen Schweizer und Schweizerinnen etwas ist, das insbesondere in der Deutschschweiz verankert ist.
Zum Schluss: Was ist ihre Haupterkenntnis über dieses doch in diesem Ausmass noch nie so breit angelegten Mut-Porträts der Schweiz?
Was mich besonders fasziniert hat, ist das doch sehr breite Verständnis des Mutes. Also, dass Mut nicht nur etwas ist, das mit Fallschirmspringen, mit Risiko oder Mutprobe zu tun hat, sondern etwas, das ganz tief im Alltag verankert ist. Zudem waren die Leute bereit, ihre mutigste Tat zu schildern. Da hat sich eine grosse Vielfalt gezeigt – angefangen bei der Hochzeit bis zur Trennung und alleine Reisen. Dass so vieles genannt wurde, das habe ich doch sehr interessant gefunden.
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