1918 ist vielleicht das schwerste Jahr in der Geschichte der Schweiz. Tausende von Menschen erkranken an der Grippe. Es trifft fast jede Familie – in Städten genauso wie in Dörfern auf dem Land. Alleine die Bewohner des Kantons Basel-Stadt melden den Behörden mehr als 35'000 Erkrankungen.
Der Historiker Andreas Tscherrig blättert im Staatsarchiv Basel durch hundertjährige Zeitungen. Fast in jeder Ausgabe stösst er auf Todesanzeigen. Es zeigt sich: Viele Opfer sind nicht älter als 30. «Die Grippe überrollt Basel-Stadt in zwei Wellen. Zuerst im Juli und dann – als die Leute glauben, nun sei alles überstanden – noch heftiger im Oktober», erzählt Tscherrig. Innert knapp zwei Jahren werden 760 Grippetote registriert.
Die Ansteckung ist kaum aufzuhalten. Die Behörden raten von Krankenbesuchen ab und drucken Plakate mit dem Hinweis, man solle beim Husten die Hand vor den Mund halten. Tram- und Postbetriebe können ihren Betrieb nicht vollständig aufrecht erhalten. Zu viele Mitarbeiter liegen im Krankenbett.
Mit der Krankheit wird ein Geschäft gemacht. Medikamente, die helfen könnten, kennt man noch nicht, stattdessen werden Zwieback, Stärkungsmittel und sogar Alkohol zur Genesung empfohlen.
Tragödie in einer schweren Zeit
Die «Spanische Grippe» trifft die Menschen in einer Zeit, in der es ihnen sonst schon schlecht geht. Viele Männer leisten an der Grenze Militärdienst, ihre Familien sind arm, der Verdienst reicht nirgendwo hin. Europa steht am Ende des Krieges, aber der Schweiz geht es so schlecht wie nie zuvor.
Grippe kommt nicht aus Spanien
Die Grippe wird schon nach kurzer Zeit «Spanische Grippe» genannt. Nicht, weil sie aus Spanien kommt, sondern weil Spanien als erstes Land offen darüber berichtet hat. Über den Ursprung der Pandemie spekulieren Wissenschaftler bis heute. Klar ist: Die «Spanische Grippe» forderte weltweit mehr Opfer als der ganze Erste Weltkrieg.