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Wer ist hier der Boss? Die Mächtigen buhlen um die Deutungshoheit

Das Bild vom G7-Treffen ging um die Welt. Seine Interpretation ist eine Frage des Zeitpunkts – und der Perspektive.

Fotografen haben am zweitägigen G7-Gipfel Tausende Fotos geschossen. Ein Foto wird aber in die Geschichte eingehen. Es ist ein offizielles Pressebild, aufgenommen vom Fotografen Jesco Denzel, der auch im Dienst der deutschen Bundesregierung fotografiert. Als erster verbreitet Merkels Sprecher Steffen Seibert das Bild. Die Interpretation: Wenn die Mächtigen um Ergebnisse buhlen, ist die deutsche Bundeskanzlerin der Boss.

Das Foto zeigt die G7-Teilnehmer, wie sie um einen Tisch stehen. Im Mittelpunkt stützt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit beiden Händen auf dem Tisch, beugt sich nach vorn und fixiert Trump. Der sitzt als vermeintlich einsam, die Arme verschränkt, und schaut an der Kanzlerin vorbei zu Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Amtskollegen hören Merkel gespannt zu.

Eine Frage des Zeitpunkts

Das Bild wurde in der internationalen Presse und in den sozialen Netzwerken schnell zum Renner, unter anderem die «Washington Post» und die «Huffington Post» widmeten ihm eigene Artikel. Wohl auch, weil es so viel Raum für Interpretation lässt.

Ein Beispiel? Kurz darauf scheint Trudeaus Fotograf Adam Scotti die Situation aufzulösen. Sein Bild zeigt eine lächelnde Merkel. Sekunden nach dem Bild Denzels geschossen. Der Schleier der Mächtigsten unter den Mächtigen fällt.

Eine Frage der Perspektive

Weiterer Interpretationsspielraum entsteht, wenn der Fotograf seinen Winkel verlässt. Hinter dem vermeintlich allein sitzenden Trump steht nämlich eine beachtliche Armada an Unterhändlern, wie Sarah Sanders, Trumps Pressesprecherin, ihrem Tweet mit Fotos in schwarzweissem Filter aufzeigt.

Darauf auch zu sehen: Die Mächtigen besprechen konkret das Abschlusspapier, wälzen Seiten, gehen Punkte durch. Denzels Bild beinhaltet diese Information nicht. Auf dem von Italiens Neo-Premier Giuseppe Contes getwitterten Bild sieht man die Stapel ebenfalls, Trump zum Beispiel aber gar nicht.

Hat eigentlich Macron das Sagen?

Noch ein Perspektivenwechsel: Macron twittert ebenfalls und schreibt von einem langen Arbeitstag und einem sehr direktem Dialog. Frankreichs Staatschef untermalt seine Aussage ebenfalls mit einem Bild. Darauf sieht man: Nicht nur Trump fixiert Macron, und nicht Merkel, sondern auch Japans Regierungschef Shinzo Abe. Beide hören aufmerksam zu.

Aufgefallen auf allen Fotos: Macron steht, Merkel steht, Abe steht, Trump scheint diesen optischen Vorteil dies nicht nötig zu haben und sitzt lässig. Ein Zeichen wahrer Macht?

Die Interpretation der Situation bleibt eine Frage des Zeitpunkts einer Aufnahme, der Perspektive – und der gesamtpolitischen Stimmung aktuell.

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