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Aargau Solothurn Dubler-Prozess: Spurensuche im politischen «Fall Wohlen»

Der Gemeindeammann von Wohlen muss sich am Donnerstag vor Gericht verantworten. Dieser Prozess ist der Höhepunkt eines politischen Streits in der viertgrössten Aargauer Gemeinde. Ein Streit mit Ursachen und Verantwortlichen. Die Spurensuche.

Im juristischen Verfahren gegen den Gemeindeammann von Wohlen geht es um harte Fakten: Geldbeträge in bestimmter Höhe, schriftliche Anweisungen, Beweismittel.

Im Hintergrund aber spielt die Politik: Der Gerichtsprozess gegen Walter Dubler ist auch ein Resultat der politischen Prozesse in der Freiämter Zentrumsgemeinde Wohlen. Und diese Prozesse haben «weiche» Ursachen und mehrere Verantwortliche.

Die Kulisse: «Problemzone» Wohlen

Ortsschild von Wohlen
Legende: Kulturelle Vielfalt, aber auch soziale Probleme: Wohlen braucht eine handlungsfähige Politik. SRF

Wohlen hat knapp 16'000 Einwohner. Wohlen hat eine hohe Sozialhilfequote, einen hohen Ausländeranteil, einen tiefen Steuerertrag. Wohlen ist ein grosses Dorf, aber keine richtige Stadt. Neben den historischen Fabrikantenvillen stehen Wohnblöcke aus den Sechzigerjahren. Günstiger Wohnraum lockt ärmere Schichten an – das Gewerbe ist in die Nachbargemeinden gezogen. Wohlen ist «strukturschwach».

Die Regelungen im kantonalen Finanzausgleich führten zusammen mit den oben beschriebenen Problemen dazu, dass Wohlen finanziell ständig am Anschlag ist. Die Gemeinde hat kein Geld. Aber viele teure Bauprojekte in der Pipeline: Die Eisbahn muss saniert werden, das Freibad, die Schulhäuser. In Wohlen tobe deshalb seit Jahren ein «Verteilkampf», heisst es aus der Politik.

Hauptverdächtiger: Ein «Sesselkleber»?

Seit 1998 leitet Walter Dubler die Geschicke dieser «schwierigen» Gemeinde. Er habe das mit Erfolg getan, bescheinigen ihm politische Weggefährten. FDP-Ortsparteipräsident Samuel Keller erinnert an drei grosse Projekte aus der Ära Dubler: Das Casino, das Fussballstadion Niedermatte, das Strohmuseum.

Audio
Hintergründe zur Politik in Wohlen (10.3.2016)
06:51 min
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 51 Sekunden.

Auch die grüne Einwohnerrätin Anna Keller - die dienstälteste Parlamentarierin im Dorf – ist überzeugt: «Wohlen liegt Walter Dubler zutiefst am Herzen.» Allerdings habe ihm wohl manchmal das «Gefühl für die Grenzen» gefehlt. Beinahe 20 Jahre lang in einem Vollamt als Gemeindevorsteher: Da werde man vielleicht «selbstgefällig», so Keller. Die lange Amtszeit könnte ein Motiv sein – für allenfalls rechtliches Fehlverhalten, sicherlich aber für das fehlende politische Fingerspitzengefühl.

Mitschuldig: Die Parteien

Allerdings: Walter Dubler ist demokratisch gewählt. Viermal hat er die Wiederwahl geschafft. Auch, weil kaum je valable Gegenkandidaturen gestellt wurden. Wer jetzt über das «System Dubler», den «Dorfkönig» oder «Sesselkleber» flucht, der hätte doch früher reagieren müssen?

«Es hat sich niemand zur Verfügung gestellt, für vier Jahre seinen angestammten Job zu verlassen und nicht zu wissen, was nachher kommt», sucht FDP-Präsident Keller nach einer Erklärung. Walter Dubler habe «auf dieses Pferd gesetzt».

Mit auf der Anklagebank: Die SVP

Blick vom Bahnhof in den Dorfkern von Wohlen mit unterschiedlichsten Baustilen
Legende: Wohlen ist eine Mischung aus Stadt und Dorf mit allen Vor- und Nachteilen. Politisch, sozial und architektonisch. SRF

Das politische Klima in Wohlen wurde in den letzten Jahren rauher. Auch wegen der SVP. Diese griff Gemeinderat und Gemeindeammann immer wieder frontal an. Im Streit um sachpolitische Themen wurde auf den Mann gespielt und ab und an auch unter die Gürtellinie gezielt. Walter Dubler zog mit, schoss zurück.

Anna Keller relativiert zwar die Härte der politischen Auseinandersetzung: «Es ging vor allem bei einzelnen Sachgeschäften hoch zu und her.» Sie bestätigt aber: «Es spielte sich vor allem zwischen Gemeinderat und SVP ab.» Ein SVP-Vertreter war es denn auch, der die Vorwürfe gegen Walter Dubler publik machte.

Anna Keller sieht zwar das «Fehlverhalten» des Gemeindeammanns. Sie findet es aber «bezeichnend», dass es eigentlich um kleine Beträge gehe. «Ich hatte nie das Gefühl, dass Walter Dubler die Gemeinde bewusst schädigen wollte. Aber er wurde immer wieder angegriffen. Je länger je mehr und auch immer kleinlicher aus meiner Sicht.»

Das Urteil: Systemwechsel!

So oder so: Der politische «Fall Wohlen» scheint bald abgeschlossen zu sein. Der Gemeinderat hat inzwischen im Auftrag des Kantons eine Neuorganisation der Gemeindeverwaltung geprüft. Sein Vorschlag: Ein Geschäftsführer soll die Verwaltung führen. Die politische Führung würde von Gemeinderäten im Teilamt übernommen.

Der Gemeindeammann im Vollamt hat in Wohlen wohl ausgedient. Und Walter Dubler dürfte politisch so oder so erledigt sein. «Das Beste für die Zukunft wäre, wenn Walter Dubler nicht mehr in den Gemeinderat zurückgeht», sagt FDP-Präsident Keller. «Er müsste akzeptieren können, dass die restliche Crew seine Projekte jetzt vollendet.»

Das Vertrauen sei verspielt. Wohlen brauche einen Neuanfang. Das hört man im politischen Wohlen immer wieder. Es keimt die Hoffnung, dass bald wieder Ruhe einkehrt. Ruhe, die die Wohler Politik benötigt, um die anstehenden Probleme lösen zu können. Denn dafür wäre die Politik ja eigentlich da.

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