Lesen Sie in diesem Artikel:
- Wo die EVP steht und wie sie sich entwickelt hat.
- Was die EVP in den vergangen vier Jahren im Grossen Rat erreicht hat.
- Welche Themen und Positionen die EVP in der Aargauer Politik vertritt.
- Wie es um die Wahlchancen der EVP steht.
- Wo die EVP den Hoffnungsschimmer sieht.
Wie andere Mitte-Parteien spürt auch die EVP die Polarisierung der Politik. Ihr Wähleranteil sank von 5,7 Prozent im Jahr 2005 auf 3,9 Prozent im Jahr 2012, was sich auch in Sitzverlusten äusserte. 2001 verfügte die EVP noch über 8 Sitze im Grossen Rat, heute sind es noch 6.
Eine Legislatur geprägt von Wechseln
In den vergangenen vier Jahren konnten die sechs EVP-Vertreter und Vertreterinnen im Kantonsparlament keine grossen Akzente setzen. Die Partei reichte nur rund zehn eigene Vorstösse ein, wovon viele von Lilian Studer kamen, der «Veteranin» in der EVP-Fraktion – Studer sitzt mit ihren 38 Jahren bereits seit 2002 im Grossen Rat und sorgt damit für Konstanz, welche der Partei gerade in der aktuellen Situation gut tut.
Denn zur Zeit prägen vor allem Wechsel die kantonalpolitische Tätigkeit der Evangelischen Volkspartei. Von den sechs Gewählten im Jahr 2012 sind heute noch zwei übrig. Alle anderen Grossräte – immerhin zwei Drittel der Fraktion – wurden ersetzt. Diese Fluktuation beschäftigt die Partei und drückt auf die politische Aktivität.
Laut der Parteileitung sei es tatsächlich zu einer Anhäufung von Wechseln gekommen in den letzten vier Jahren. Und ja, Neo-Parlamentarier müssten sich zunächst im Ratsbetrieb orientieren und sich auch innerhalb der Fraktion neu finden. Das brauche Zeit und äussere sich auch im politischen Output, heisst es im Gepsräch mit einem EVP-Vertreter.
Erfolge im Kleinen
Trotz dieser Beschäftigung mit sich selber konnte die EVP-Fraktion im Rat durchaus auch politische Siege feiern. So half sie mit, das neue Aargauer Krippengesetz nach langem Ringen unter Dach und Fach zu bringen. Zusammen mit der CVP und der linken Ratsseite verhalf die EVP dem Regierungsvorschlag zum Durchbruch gegen den bürgerlichen Widerstand.
Mit den Bürgerlichen wiederum engagierte sich die EVP gegen die Abschaffung des Tanzverbotes vor hohen religiösen Feiertagen, mahnte hier vor dem Ausbau zur 24-Stunden-Spassgesellschaft. Nach dem Volksentscheid gehörte die EVP auch hier zu den Siegern. Und man darf davon ausgehen, dass in solchen gesellschaftlichen Wertefragen die EVP-Stimme durchaus gehört wird.
Mal links, mal konservativ in wechselnden Koalitionen
Die genannten Beispiele verdeutlichen ein wesentliches Merkmal der EVP-Politik, sie lässt sich nicht fest im Links-Rechts-Schema verorten. Je nach Thema positioniert sich die EVP eher mitte-links oder bürgerlich-konservativ. Das lässt sich an allgmeinen Themenfeldern schön veranschaulichen.
In Umweltschutzfragen setzt die EVP auf Nachhaltigkeit und unterstützt beispielsweise CO2-Reduktion und strengere Umweltschutzvorschriften. Im Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen verlangt die EVP einen solidarisch-menschlichen Umgang und befindet sich hier auch eher im linken Lager.
In gesellschaftlichen Fragen vertritt die Evangelische Volkspartei eher konservative Werte und politisiert eher zusammen mit den Bürgerlichen. Neben der oben erwähnten Abschaffung des Tanzverbotes, ist die EVP auch gegen aktive Sterbehilfe und gegen Abtreibung, sowie für eine starke Ehe zwischen Mann und Frau.
Ethik und Normen im Wahlkampf
Die wechselnden Positionen den Wählerinnen un Wählern zu vermitteln ist aber nicht immer einfach, das weiss auch die Parteileitung. Ebenso schwierig ist die Vermittlung der eher abstrakten Politikvorstellungen der EVP. Die Partei schreibt über sich, ihre Basis sei das Evangelium, davon ausgehend orientiere man sich an Normen wie Fairness, Solidarität, Nachhaltigkeit und Menschenwürde, Ethik und Werte würden die Richtschnur der EVP-Politik bilden.
Im Wahlkampf wird das dann etwas konkreter, wie Roland Bialekt im Gespräch mit dem SRF-Regionaljournal präzisiert:
Ziele der EVP sind die Stärkung der Familie, gleiche Chancen in der Bildung, sorgfältiger Umgang mit der Natur, verantwortungsvolle Wirtschaft, Würde und Gesundheit der Menschen, gelebte Solidarität und gesunde Staatsfinanzen.
SRF-Einschätzungen zu den Wahlchancen
Das offizielle Parteiziel, die sechs Sitze zu halten, könnte zu schaffen sein, wenn es auch schwierig ist. Zum einen haben es Parteien mit religiösem Hintergrund nicht einfach, gerade in wählerstarken urbanen Gebieten verlieren sie Anteile, ein Phänomen, das auch die CVP kennt. Zum anderen haben es Mitte-Parteien wie die EVP immer schwerer gehört zu werden. Die Polarisierung der Politik fördert eher die extremeren Positionen und weniger die moderaten Stimmen.
Ausserdem herrscht in der Mitte ein gewisser Konkurrenzkampf, den auch die EVP spürt. In den letzten zehn Jahren wurde es enger in der Mitte, neue Parteien wie die BDP und die GLP positionieren sich ebenfalls hier und machen somit auch der EVP – auch wenn die thematischen Überschneidungen klein sind – Wähleranteil streitig.
Für die EVP spricht die gute Vorarbeit im diesjährigen Wahlkampf. So tritt die Partei mit mehr Kandidierenden an als bei der letzten Wahl und erstmals ist die EVP in allen Bezirken, neu auch in Muri, mit einer Liste vertreten. Und dann gibt es noch den Hoffnungsschimmer, der die EVP optimistisch stimmt.
Bei den Nationalratswahlen 2015 gab es eine kleine Trendwende und die EVP konnte auf Bundesebene den Wähleranteil um 0,1 Prozentpunkte steigern. Im Aargau hofft man nun auf die Fortsetzung dieser Entwicklung.
(Sendebezug: Regionaljournal Aargau Solothurn 17:30 Uhr)