Seit 2011 sitzt Martin Jäger in der Bündner Regierung. Er ist hier der einzige Vertreter der politischen Linken. Der ehemalige Primarlehrer ist zuständig für das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement. Dazu gehört auch das Naturmuseum. Für Radio SRF tauscht Martin Jäger seinen Chefsessel mit dem Stuhl hinter der Kasse des Museums.
Jobtausch-Reportage
An der Kasse des Naturmuseums
Im Naturmuseum erinnert sich Martin Jäger an die Zeiten, als er noch mit seinen Primarschülern ins Museum kam. Parallel verkauft er Eintritte. Unter fachkundiger Anleitung stellt er ein Fischereipatente aus. An dieser Arbeit, aber auch in der Politik mag er den direkten Kontakt mit den Menschen.
Der SP-Mann Martin Jäger ist ein Urgestein der Bündner Politik. Der heute 61-Jährige wurde mit 26 zum ersten Mal in den Grossen Rat gewählt und politisierte mit Unterbrüchen über ein Vierteljahrhundert im Parlament (1979-83 / 1987-2010), Als Stadtrat lernte er dann auch die Exekutive kennen. Hier bestimmte er die Churer Schul- und Kulturpolitik (1997-2008). «Politik ist die Kunst, Mehrheiten zu finden», sagt Martin Jäger wenn man ihn auf seine lange Karriere anspricht.
Martin Jäger politisiert klar auf der SP-Linie. Er steht für einen Staat ein, der sich um sozial Schwache kümmert, er will eine offene Schweiz und der Umweltschutz ist ihm wichtig. Beharrlich und geduldig – manchmal auch mit schulmeisterlichen Ausführungen – steht der SP-Regierungsrat für seine Projekte ein. Er selbst bezeichnet sich als geradlinig. Seine politischen Gegner bezeichnen ihn als stur.
Im Kern ist er wohl der Sturste von allen. Er wehrt sich mit Händen und Füssen gegen andere Lösungen.
In seiner ersten Amtszeit hat Martin Jäger alle Gesetzesvorlagen durch den Rat gebracht. Besonders stolz ist er auf das neue Schulgesetz. Seit letztem Sommer kennt Graubünden Blockzeiten am Morgen oder betreute Mittagstische. Ungelöst bleibt der Zwist um Rumantsch Grischun an den Schulen. Weil Martin Jäger zurückkrebste und wieder Schulbücher in den Idiomen drucken lässt, hat sich die Situation etwas beruhigt. Offen ist jedoch wie die Standardsprache dereinst in den Schulalltag integriert werden soll.
Umstritten war in den letzten Monaten das neue Sportförderungsgesetz. Nach viel Kritik am ersten Entwurf berät das Parlament nun eine überarbeitete Version. Ein grosses Geschäft in der kommenden Legislatur dürfte auch das Kulturförderungsgesetz sowie die Fremdsprachen-Initiative sein. Martin Jäger spricht sich sich für zwei Fremdsprachen in der Primar aus.
Obwohl Martin Jäger vor 4 Jahren eher knapp gewählt wurde, stehen seine Wahlchancen diesmal nicht schlecht. Als Bisheriger ist er bereits bekannt bei der Wählerschaft. Hinzu kommt, dass er im linken Parteienspektrum keine direkte Konkurrenz hat. Bei der repräsentativen Umfrage der Bündner Medien im Februar landete er auf dem vierten Platz.
Fragen an Martin Jäger
Was ist das drängendste Problem in Graubünden? | Aus Sicht des Erziehungschefs beschäftigt mich die demografische Entwicklung am meisten. Schon heute ist zwischen den Mittel- und Berufsschulen ein Kampf um jeden einzelnen Kopf im Gang, sind in Graubünden rund 700 Lehrstellen unbesetzt. Und in den nächsten fünf Jahren werden wir nochmals einen zusätzlichen Rückgang von 25 Prozent weniger Schulabgängern zu verkraften haben. |
Wo, ausserhalb von Graubünden, würden Sie gerne wohnen? | Warum nicht in La Chaux-de-Fonds. Mich fasziniert diese hoch gelegene Jurastadt mit ihrer speziellen Kultur- und Wirtschaftsgeschichte in einer wunderbaren Umgebung immer wieder von neuem. |
Worin sind sie gut? | Obwohl ich ziemlich schlecht höre und sogar Hörgeräte benötige, kann ich ziemlich gut zuhören. |
Das würde ich heute anders machen: | Ich hätte früher und vor allem besser Italienisch und Englisch lernen sollen. |
Dieses Erlebnis hat mein Leben verändert: | Die Geburt unserer beiden Kinder. |
Was zeichnet Sie als Politiker aus? | Ich bin gleichzeitig geduldig und hartnäckig. Ich setze mir klare Ziele und habe einen langen Atem, diese auch zu erreichen. |
Die Regionalredaktion Graubünden hat die Kandidaten aufgefordert, ihr Stimmverhalten bei den vergangenen und den geplanten Abstimmungen offenzulegen. Mit den Antworten haben wir ein «Abstimmungsprotokoll» erstellt: