Das Bild des Piloten Daniel Riediker an der Copacabana in Rio de Janeiro, Brasilien, wurde zum Symbolbild des Groundings. Am 2. Oktober 2001 blieb die Flotte der Swissair am Boden.

Das Geld fehlte um Treibstoff zu tanken, die Verhandlungen mit den Banken waren gescheitert. Über 250 Flüge weltweit wurden annulliert, 19'000 Passagiere verloren ihr Ticket. Allein auf dem Flughafen Zürich strandeten 4000 Passagiere.
Das Grounding der Swissair wurde zur grössten Wirtschaftspleite der Schweiz. 10'000 Angestellte verloren ihre Arbeit, nochmals 15'000 im Ausland. Später übernahm die Swiss, die Nachfolge-Fluggesellschaft wieder 6000 Angestellte. Einer der Glücklichen war der Pilot Daniel Riediker.

Vom Grounding hatte Daniel Riediker als Copilot auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Buenos Aires erfahren. «Wir waren eben gestartet», erzählt Daniel Riediker, «als auf dem kleinen Drucker via Satellit die Nachricht mitgeteilt wurde.»
Ein Teil der Besatzung war schockiert und wie gelähmt.
Das Grounding kam nicht aus heiterem Himmel, dennoch waren wir schockiert. Der Kapitän und ich haben uns dann aber auf die Landung konzentriert. Ich sagte: «Wir müssen in Buenos Aires versuchen, so viel Treibstoff zu tanken wie möglich. Denn, wenn bereits bekannt ist, dass die Swissair Pleite ist, kriegen wir kein Kilo Most mehr». Die Nachricht war noch nicht durchgesickert, es gab noch Treibstoff für die Swissair-Maschine.
Meuterei an der Copacabana
Treibstoff hatten sie genug, die Passagiere konnten sie von Buenos Aires nach Rio de Janeiro fliegen, aber die Stimmung war eine andere als zuvor. «Ein Teil der Besatzung war schockiert und wie gelähmt», erzählt Daniel Riediker, «aber an der Arbeit liess sich niemand etwas anmerken.»

Eigentlich hätte die Besatzung sofort nach Zürich zurückfliegen sollen. Aber der Kapitän, der auf seinem letzten Flug vor seiner Pensionierung war, zog die Bremse. Er meinte, wenn das die Beerdigung der Swissair sei, dann eilt die Rückkehr nicht. Alle von der Besatzung entschieden sich, in Rio zu bleiben, bis die Swissair eine Lösung gefunden haben würde.
Es waren Tage zwischen Ungewissheit und Anspannung, aber auch immer wieder Stunden, in denen die Besatzung das Grounding vergessen konnte. Einer aus der Besatzung war Markus A. Jegerlehner, Teilzeit-Fotograf bei der Fotoagentur Keystone. Er realisierte, dass diese Tage an der Copacabana trotz des Schattens einzigartig sind - Momente, die es nie wieder geben würde.
Das Symbolbild für das Grounding
Markus A.Jegerlehner nahm die Kamera und hielt diese Tage der «kleinen Meuterei» fest. Auch dieses berühmte Bild von Daniel Riediker: Ein Pilot in schwarzen Shorts, Pilotenhemd und Pilotenmütze sitzt im Sand am Strand der Copacabana, den Kopf aufgestützt, den Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet.
Kein Schnappschuss, ein gestelltes Bild, aber ein Bild, das zum Symbol des Groundings wurde. Er habe selbst nie Existenzängste gehabt, erzählt Daniel Riediker, trotzdem habe das Grounding sein Leben verändert.
Vom Cockpit zum Auto
Daniel Riediker, damals Mitte Dreissig, konnte bei der Swiss weiterfliegen. Die Anstellung bei der Swiss allerdings hatte auch eine Schattenseite. Weil die Flotte massiv verkleinert wurde, brauchte es viel weniger Kapitäne. Bei der Swissair wäre er noch zwei bis drei Jahre als Copilot weitergeflogen, danach wäre er Kapitän geworden.
Bei der Swiss schrumpfte diese Aussicht aufs Minimum. «Ich war auf der Warteliste zum Kapitän parkiert», sagt Daniel Riediker heute. Sieben Jahre nach dem Grounding war er immer noch Copilot. Er, der seit seiner Jugend vom Fliegen träumte, überlegte sich Alternativen.
Der Entscheid fiel, als er in der Autoindustrie ein gutes Angebot erhielt. Er sattelte um, wechselte vom Flugzeug zum Auto, seine zweite Passion.
Als ich zum erstenmal wieder im Flugsimulator sass, war das wie Heimkommen.
Daniel Riediker hat bald realisiert, dass er die Fliegerei vermisst. Als Militärpilot konnte er seine Passion Fliegen zwar weiterleben, aber ihm fehlte die Zusammenarbeit einer Crew. «Oft sieht sich die Besatzung erst kurz vor dem Abflug, aber diese Zusammenarbeit im Team, die gegenseitige Loyalität, diese Präzision und Konzentration gibt es nur in der Fliegerei», sagt Daniel Riediker.
Zurückzukehren zur Swiss, das blieb lange ein aussichtsloser Wunsch. Dann aber, 2012, suchte die Swiss Piloten für Langstreckenflüge. Das war Daniel Riedikers Chance. Er bewarb sich, machte die Aufnahmeprüfungen und wurde 2012 wieder Copilot bei der Swiss. Der richtige Entscheid.

«Als ich zum ersten Mal wieder im Flugsimulator sass und jeden Griff wieder kannte, war das wie Heimkommen», erzählt Daniel Riediker. Und auch wenn er, heute 51 -jährig, kaum mehr die Möglichkeit hat, Kapitän zu werden, Daniel Riediker ist glücklich. «Manchmal sitze ich einfach vorne im Cockpit und denke, was für ein cooles Gefühl.»
Es sei ein Gefühl der Unabhängigkeit und Freiheit, Pilot zu sein: «Die Welt von oben sehen, durch die Sterne fliegen, den Mond- und Sonnenuntergang, die Farbenspiele am Himmel, die Gewitter über Afrika und die Gewalt der Natur erleben - das macht meinen Beruf einzigartig.»

SRF 1, Regionaljournal, 06:32 Uhr