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Von der Schnauze bis zum Schwanz - eine kulinarische Gegenbewegung.
Aus Regionaljournal Zentralschweiz vom 02.11.2018.
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Es muss nicht immer Filet sein Nidwaldner Metzger bringt vergessene Fleischstücke auf den Teller

Zunge und Herz statt nur Hohrücken und Entrecôte: Metzger Stefan Mathis verwertet seine geschlachteten Tiere vollständig - und freut sich, wenn jemand Kalbshirn fürs Weihnachtsessen bestellt.

Hoch über dem Vierwaldstättersee, unter dem Gipfel des Bürgenstocks, liegt der Betrieb Holzen Fleisch. Im Lagerraum ist es frostig kalt, im Hintergrund summt die Kühlung. Inhaber Stephan Mathis trägt trotzdem kurzärmelig, begrüsst mit festem Händedruck. Er ist gelernter Metzger, aber nicht nur: Der Bauernsohn hat auch einen eigenen Hof, er züchtet Angus-Rinder, Wollschweine und Dammhirsche – und er schlachtet die Tiere auch gleich selber.

«Wenn man als Metzger Tiere selber schlachtet, dann hat man den ganzen geschlachteten Körper im Haus. Da fällt alles an», sagt er. Man sei damit automatisch gezwungen, das auch zu verwerten. Viele Metzgereien schlachteten heute aber nicht mehr selber, sondern kauften Fleisch zu. «Sie sehen nur die guten Stücke und wissen gar nicht, dass noch eine Leber oder eine Niere da wäre», sagt Mathis.

Weniger edle Stücke werden an Tiere verfüttert

Diese weniger edlen Stücke landen dann oft im Tierfutter – oder sie werden exportiert. Schweinsfüsse etwa sind in Asien ein Renner. Bei Stefan Mathis dagegen geht nichts in den Export. Er verarbeitet seine Tiere vollständig, von der Schnauze bis zum Schwanz – oder eben «nose to tail», wie die Bewegung heisst, die seit einigen Jahren für die restlose Verwertung von Schlachtvieh plädiert, angeführt von der Spitzengastronomie und spezialisierten Metzgereien.

Letztes Jahr hat jemand Kalbshirn für ein Weihnachtsessen bestellt. Das hat mich wahnsinnig gefreut.
Autor: Stefan Mathis «Nose to tail»-Metzger

Mathis beliefert Gourmetrestaurants in der ganzen Schweiz, aber auch private Feinschmecker zählen zu seinen Kunden. Und die wagen sich offenbar vermehrt an ausgefallenere Stücke: «Letztes Jahr hat jemand Kalbshirn für ein Weihnachtsessen bestellt», sagt der Metzger. «Das hat mich wahnsinnig gefreut. Das ist toll. Am liebsten hätte ich mich auch gleich einladen lassen.»

Rezepte sind in Vergessenheit geraten

Eigentlich ist die Idee, möglichst alle Teile eines Tieres zu essen, alles andere als neu: In Grossmutters Küche war das gang und gäbe – damals kamen nicht nur Filet und Entrecôte auf den Tisch, sondern viel öfter Zunge, Herz oder Stücke mit mehr Bindegewebe und Fett.

Heute gehen die Leute über Mittag kaum noch nach Hause, und wenn, dann muss es schnell gehen. Da gehen alte Rezepte vergessen.
Autor: Stefan Mathis «Nose to tail»-Metzger

Weshalb sind diese Stücke denn in Vergessenheit geraten? Stefan Mathis vermutet als Grund die veränderten Essgewohnheiten. «Früher war klar, dass zu Hause Mittagessen gekocht wurde, oft den ganzen Vormittag über», sagt er. «Heute gehen die Leute über Mittag kaum noch nach Hause, und wenn, dann muss es schnell gehen. Da gehen solche alten Rezepte in Vergessenheit.»

Immerhin: Die «Nose to Tail»-Bewegung hat in den letzten Jahren regen Zulauf erhalten – gerade in wohlhabenden Ländern wie der Schweiz. Die Leute scheinen langsam wieder auf den Geschmack zu kommen.

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