- Drei Monate nach seinem Urteil begründet das Bezirksgericht Kriens den Freispruch für die Luzerner Polizeichefs Adi Achermann und Daniel Bussmann schriftlich.
- Es lasse sich nicht klar beantworten, ob mit einem Zuwarten der Suizid der Frau eher hätte verhindert werden können.
- Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Was bei dem Einsatz geschah
Die Luzerner Polizei war im März 2016 wegen einer Hanf-Indoor-Anlage für eine Hausdurchsuchung bei Malters ausgerückt. Die Frau, die sich in der Wohnung des Sohnes aufhielt, verweigerte der Polizei den Zutritt, drohte und feuerte Schüsse ab. Nach 19 Stunden des Verhandelns und Abwartens entschied die Polizei, das Gebäude zu stürmen. Während der Intervention erschoss sich die Frau. |
Während der Verhandlung im Juni vor dem Bezirksgericht Kriens richtete der Staatsanwalt eine Reihe von Vorwürfen an die Adresse der beiden Polizeichefs: Sie hätten nicht den Sohn der Frau beigezogen, nicht weiter mit dieser verhandelt und auch nicht mit dem Zugriff zugewartet. Der Einsatz sei unverhältnismässig gewesen.
Im schriftlichen Urteil kommt das Gericht zwar auch zum Schluss, dass keine unmittelbare Dringlichkeit für den Zugriff bestanden habe. Namentlich ein weiteres Zuwarten wäre möglich gewesen. Dies heisse aber nicht, dass der Zugriff unverhältnismässig gewesen sei.
Gegen die Intervention sprach gemäss Gericht vor allem, dass «mit erheblicher Wahrscheinlichkeit» damit gerechnet werden musste, dass die Frau sich oder Dritte gefährden könnte. Eine solche Reaktion hatte die Frau selbst angekündigt.
Verlust des Handlungs-Spielraumes
Bei einem Zuwarten waren gemäss Gericht die Aussichten, dass sich die Bedrohungssituation auflösen könnte, recht klein. Auch habe ein grundsätzliches und eventuell zunehmendes Suizid-Risiko bestanden.
Bei einem weiteren Zuwarten hätte der Handlungsspielraum verschwinden und damit Handlungsdruck entstehen können. Zudem wäre möglicherweise auf Tage hinaus ein grosses Polizei- und Sanitätsaufgebot in Malters gebunden gewesen.
Welche Alternative das kleinste Risiko bezüglich der Selbstgefährdung der Frau bedeutet hätte, könne nicht abschliessend beurteilt werden, schreibt das Gericht. Es plädiert auch dafür, der Polizei Handlungsspielraum zuzugestehen.