Montagnachmittag. Zwei Beamte der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich entfernen Abfallsäcke und anderes Material von den Tafeln, mit dem die neuen Verkehrsschilder bedeckt waren. Rund sechzig Schilder sind das auf über fünf Kilometern Länge. Der Grund: Drei Monate lang dürfen Autofahrer auf vier Strassenabschnitten nachts nur noch mit Tempo 30 unterwegs sein.
Vier Teststrecken wurden ausgewählt, die möglichst unterschiedlich sein sollen. Auf der einen Strecke fährt auch das Tram, auf der anderen der Bus. Wieder eine andere Teststrecke ist innerstädtisch und verkehrsreich, die andere eine Ausfallachse am Stadtrand. Das Ziel: möglichst breite, repräsentative Ergebnisse.
Erfolg unklar
Der Tempo-30-Versuch dauert drei Monate. Messungen will die Stadt erst nach rund zwei Monaten machen. So lange dauere es, bis die Autofahrer wirklich realisiert hätten, dass die Signalisation geändert hat, heisst es bei der Dienstabteilung Verkehr.
Gemessen werden verschiedene Dinge: die Verkehrsmenge, die Verkehrszusammensetzung, die Geschwindigkeit, die gefahren wird, der Lärm und auch, ob sich der Verkehr womöglich verlagert. Noch ist völlig unklar, ob die Einführung von Tempo 30 nur gerade zu bestimmten Zeiten wirklich erfolgversprechend ist.
Bisher ein «widerrechtlicher Zustand»
Eines ist dagegen klar: Die Stadt hätte längst mehr unternehmen müssen, um die Lärmbelastung der Bevölkerung zu vermindern. Die Lärmschutzverordnung des Bundes ist nämlich bereits über dreissig Jahre in Kraft. Ende März ist die Frist abgelaufen.
Seither befinde sich die Stadt Zürich, so sagt Markus Knauss vom Verkehrsclub der Schweiz VCS, eigentlich in einem widerrechtlichen Zustand in Sachen Lärmschutz. Und damit ist sie in der Schweiz nicht allein. Zahlreiche andere Städte und Gemeinden haben ebenfalls Handlungsbedarf. Insgesamt leben in der Schweiz über anderthalb Millionen Menschen an zu lauten Strassen.
Nicht einverstanden mit der Regelung ist der Automobil Club der Schweiz ACS. Mit Einsprachen hatte der Verein im Vorfeld versucht, das Tempo-30-Projekt zu bodigen. Für Lorenz Knecht, Geschäftsführer der ACS-Sektion Zürich, ist klar: Es sei nur ein erster Schritt hin zu einer Stadt Zürich, in der nur noch Tempo 30 gilt.