Noch sind es rund zwei Wochen bis zum Abstimmungssonntag. Und bereits jetzt ist die Zustimmung für das neue Asylgesetz ausgeprägter. Wäre heute schon darüber abgestimmt worden, 57 Prozent der Befragten hätten Ja gesagt. Im Vergleich zur ersten Umfrage hat die Ja-Seite um 9-Prozentpunkte zugelegt – zulasten der Unentschlossenen. Diese machen noch 14 Prozent aus.
29 Prozent lehnen die Gesetzesrevision ab. Damit bleibt der Nein-Anteil praktisch unverändert. «Die relative Mehrheit ist zu einer absoluten angewachsen», sagt Martina Imfeld mit Blick auf die beiden gfs.bern-Umfragen. Imfeld ist Politikwissenschaftlerin am Institut gfs.bern.
Die ausgeprägte Mehrheit bei der Asylvorlage sei weniger auf allfällige Wirkungen des «eher flauen Abstimmungskampfs» zurückzuführen, schreibt das Umfrage-Institut. Vielmehr befolgten die Stimmenden die jeweiligen Parteiparolen – deutlicher als zuvor.
Bürgerliches Lager gefestigt
«Die stärksten Konfliktlinien sind entlang der Parteibindung zu finden», sagt Imfeld. Bei den Grünen und der SP sei man klar gegen die Asylvorlage. Umgekehrt steige die Zustimmung von der politischen Mitte ins rechte Lager linear an. Ins Gewicht fällt: Die Anhänger der bürgerlichen Parteien befürworten nun die Revision der Asylvorlage klarer. Und im Unterschied zur ersten Umfrage ist die Position der CVP-Wähler ebenfalls klarer. 55 Prozent der CVP-Wähler befürworten nun die Asylvorlage. Das sind im Vergleich zur ersten gfs.bern-Umfrage 9 Prozentpunkte mehr.
Auch bei den Parteiungebundenen ist das Ja-Lager gewachsen. Neu sind es 57 Prozent. Das ist eine Zunahme von 8 Prozentpunkten. Demgegenüber stehen allerdings 22 Prozent Unentschlossene. SVP-Wähler befürworten nun die Revision mit überwältigenden 82 Prozent. Anfang Mai waren es noch 63 Prozent, wie das Umfrage-Institut gfs.bern schreibt. FDP-Wähler sagen neu mit 72 Prozent Ja. Im Vergleich zur ersten Befragung sind das satte 10 Prozentpunkte mehr.
Nein-Tendenz im links-grünen Lager
Auf der links-grünen Seite hat sich die Ablehnung ebenfalls gefestigt. Doch bei der SP erreicht sie mit 51 Prozent nur eine knappe Mehrheit. 34 Prozent der SP-Wählenden befürworten die Asylgesetz-Revision – 5 Prozentpunkte mehr als bei der ersten gfs.bern-Umfrage. Bei der grünen Wählerschaft lehnen 58 Prozent die Vorlage ab – satte 16 Prozentpunkte mehr als noch vor zwei Wochen. Allerdings: Der Anteil der Unentschlossenen bei der grünen Wählerschaft ist mit 22 Prozent relativ hoch.
Kein Röstigraben
Die Umfrage zeigt: die deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Regionen sind mehrheitlich für die Vorlage. Doch absolut sind die Mehrheitsverhältnisse nur in der Deutsch- und westschweiz. In Zahlen ausgedrückt: 58 und 55 Prozent.
In der italienischsprachigen Schweiz sind die Meinungen noch nicht gemacht. Dort wissen 29 Prozent der Befragten noch nicht, was sie in die Urne legen werden. In der Deutschschweiz und in der Romandie haben sich diese Anteile im Vergleich zur ersten gfs.bern-Umfrage verkleinert.
«In den Sprachregionen bestätigt sich, was bereits in der ersten Umfrage erkennbar war. Die Deutschschweiz ist etwas deutlicher für die Revision des Asylgesetzes. Allerdings sind das graduelle Unterschiede», sagt Politikwissenschaftlerin Imfeld.
Gute Argumente auf beiden Seiten
«Argumentativ sind beide Seiten gut aufgestellt», sagt Imfeld. Auf der Pro-Seite überzeuge das Argument der renitenten Asylsuchenden am meisten. «Die Befragten glauben, dass diese mit der Vorlage besser zu kontrollieren sind», meint Imfeld.
Auf der Contra-Seite überzeuge das Argument des Botschaftsasyls. «Die Befragten sind davon überzeugt: Mit der Abschaffung dieser Möglichkeit wird das Schlepperbusiness begünstigt», sagt die gfs-Politologin.
Politikwissenschaftlerin Imfeld weist darauf hin: «Eine wichtige Rolle spielt die eigene Grundhaltung zum Asylwesen. Diese ist unabhängig von der eigentlichen Asylvorlage.» Sei man der Ansicht, die Behörden hätten die Probleme im Griff, lehne man die Revision des Asylgesetzes ab.