48 Prozent der befragten Personen befürworten bestimmt oder sind eher für das revidierte Asylgesetz. 29 Prozent lehnen derzeit die Vorlage klar ab. Die Umfrage des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR zeigt allerdings: Der Anteil der Unentschlossenen ist hoch: «Der Stand der Meinungsbildung ist unterdurchschnittlich entwickelt», erklärt Institutsleiter Claude Longchamp in Bern. Die Meinungen seien noch nicht gemacht.
CVP gespalten
Der Blick auf die parteibezogene Stimmabsicht zeigt, dass bei der Parteibindung eine Polarisierung auftritt: 63 Prozent der SVP-Wähler sind bestimmt oder eher für die Revision des Asylgesetzes. Auch bei der FDP ist das Lager der Befürworter mit 62 Prozent klar in der Mehrheit.
Die CVP-Wählerschaft befürwortet zwar die Vorlage, allerdings besteht nur eine relative Mehrheit von 46 Prozent. 34 Prozent der CVP-Basis lehnt nämlich das revidierte Asylgesetz ab.
Auch auf der links-grünen Seite überwiegt das Nein – allerdings nicht grossmehrheitlich: SP-Wähler sind mit 46 Prozent gegen die Vorlage. Bei den Grünen dominiert das Nein, und zwar mit 42 Prozent Nein gegenüber 26 Prozent Ja.
Martina Imfeld, die an der Studie mitgearbeitet hat, betont aber: «Bei den Grünen gibt es im Vergleich zu den anderen Parteien am meisten Unentschlossene.» In Zahlen ausgedrückt: Satte 32 Prozent der Grünen-Wählerschaft wollen oder können sich noch nicht festlegen.
Die Parteiungebundenen sind eher dafür, tragen aber auch zur verbreiteten Unentschlossenheit bei. «Die Parteizugehörigkeit zeigt ein klassisches Links-Rechts-Schema, wobei die Parolen der Mutterparteien mehrheitlich befolgt werden», erklärt Imfeld.
«Wir haben rechts eine hohe Zustimmung zur Revision des Asylgesetzes. Links ist man verunsichert und skeptisch. Die CVP in der Mitte ist in sich gespalten», sagt die Politikwissenschafterin. Die nationale Parole sei ein Ja – allerdings hätten sich die Frauen abgespalten. Sie haben ein Nein als Parole ausgegeben.
Gute Argumente in beiden Lagern
Befürworter und Gegner der Asylgesetz-Vorlage sind argumentativ gut aufgestellt. Zudem sind die Abstimmungsbotschaften mehrheitsfähig. Deren Wirkung ist jedoch zurzeit noch sehr beschränkt, wie die SRG-Umfrage zeigt.
Annähernd zwei Drittel der Stimmberechtigten sind damit einverstanden, dass der Bund griffigere Instrumente zur Bewältigung anstehender Asylgesuche braucht. Eine Mehrheit von über 60 Prozent glaubt zudem: Renitente Asylsuchende können in besonderen Zentren besser beaufsichtigt werden.
Am schlechtesten schneidet das Pro-Argument Asylunterkünfte ab. Dieses besagt, dass es für den Bund dank der Asylgesetzrevision einfacher werde, geeignete Unterkünfte zu finden. Der Zwangsaspekt dieser bereits eingeführten und dringlichen Massnahme stösst aber auf Kritik. Das Umfrage-Institut zeigt auf: 34 Prozent lehnen dies ab oder sind unschlüssig.
Auch die Gegenargumente finden Anklang. Dabei sticht das Argument der Verhinderung des Geschäfts von Schleppern – die gegen Bezahlung Grenzübertritte organisieren – heraus: 65 Prozent glauben, dass die Möglichkeit, auf einer Botschaft Asyl beantragen zu können, das Schlepperbusiness verringern würde.
Dass sich Flüchtlingsströme mit aktiver Friedensarbeit verhindern liessen – davon ist eine Mehrheit überzeugt. 59 Prozent glaubt dies. 17 Prozent der Befragten sind unschlüssig oder schweigen in Bezug auf gefährdende Asylausschlussgründe. Damit wird klar: Bei den Asylausschlussgründen – wie beispielsweise verwerfliche Handlungen, Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes – sind die Meinungen noch nicht gemacht. Ein knappe Mehrheit glaubt jedoch an Schwierigkeiten in diesem Bereich, würde die Änderung des Asylgesetzes angenommen.
Wiederholt sich die Geschichte?
Gespalten wird die Bürgerschaft bei der Asylgesetz-Vorlage weitgehend durch die Parteibindung. Andere Konfliktlinien seien nicht vorhanden. «Das gilt insbesondere auch für die Sprachregionen», darin sind sich die Experten von gfs.bern einig.
Trotz der bislang unterdurchschnittlich entwickelten Meinungsbildung bei der Asylgesetz-Vorlage sieht gfs.bern das Ja-Lager im Vorteil. «Bei sogenannten Behördenvorlagen teilen sich die Unentschlossenen erfahrungsgemäss auf die Ja- und Nein-Seite auf. Da die Befürworter nahe der absoluten Mehrheit liegen, stehen die Chancen für ein Ja deutlich besser», sagt Imfeld.
gfs.bern verweist auch auf eine vergleichbare Abstimmungsvorlage aus dem Jahr 2006. Damals ging es um die Teilrevision des Asylgesetzes. In der ersten Befragung hatten sich 54 Prozent dafür und 29 Prozent dagegen ausgesprochen – 17 Prozent waren damals unentschlossen. Das Resultat der Abstimmung zeigte dann ein Ja von 68 Prozent während 32 Prozent ein Nein in die Urne legten. Wie die Schweizer Stimmberechtigten über die neue Revision des Asylgesetzes entscheiden, wird sich am 9. Juni zeigen.